Was macht die Kunst? Das Rätsel Hitler von Salvador Dalí

Salvador Dalí (1904 – 1989): „Das Rätsel Hitler“, entstanden 1939, Öl auf Leinwand, 95 x 141 cm, zu sehen im Museo Reina Sofía in Madrid, Spanien.

Der Spanier Salvador Dalí war nicht nur ein großer Surrealist, er war auch Zeitzeuge des Zweiten Weltkrieges und hatte den Aufstieg des 15 Jahre älteren Adolf Hitler (1889 – 1945) aufmerksam verfolgt. 1939 schuf Dalí das Gemälde "Das Rätsel Hitler", es war das Jahr, in dem Deutschland erst den Rest der Tschechoslowakei besetzte und dann Polen überfiel.

Das Gemälde zeigt eine mediterrane, wolkige Küstenlandschaft. Über einem blätterlosen Olivenzweig hängen ein gefalteter Regenschirm und ein überdimensionierter Telefonhörer. Seine Sprechmuschel ist kaputt, die Hörmuschel weint. Unter ihm steht ein Suppenteller mit ein paar wenigen trockenen Bohnen und einem kleinen, ausgerissenen Zeitungsporträt von Hitler. Das ganze Gemälde ist in Grautönen gehalten, als sei es einer alten Zeitung entstiegen - oder einem schlechten Traum.

Dalí liebte und inszenierte das Rätselhafte. Der mutlos herumhängende Regenschirm erinnert an Neville Chamberlain, den damaligen britischen Premier. Er hatte 1938 das Münchner Abkommen unterzeichnet und damit Deutschland die Annexion des Sudentenlandes ermöglicht. 1939 wurde klar: Sein Appeasement beschirmte Europa nicht; Hitler brach das Abkommen und ließ weitere tschechische Gebiete besetzen. Keine Telefondiplomatie konnte jetzt noch einen großen Krieg verhindern, deshalb weint Dalís Hörer.

Dalís Sicht auf Hitler war ambivalent: Der Maler erotisierte den Diktator in einigen Aussagen und wurde von Kollegen gemieden. Aber Dalí verbreitete keine Naziideologie. Er versuchte die Faszination zu ergründen, die von Hitler ausging. Auf diesem Gemälde ist er jedoch kaum größer als eine Briefmarke, also kein großer Mann. Er ist aber auch unerreichbar und wird alles zerstören. Die Landschaft ist schon ergraut und zu essen gibt es nur ein paar trockene Bohnen.