In der Ausstellung Pferdeköpfe und Brausetabletten im Gerhard-Marcks-Haus

Autorin

Ausstellung Weaving Echoes
Martin Reichmann, renegade / abtrünnig, 2022, Beton, Gips, Bewehrung, Pigment, Acryllack. Bild: Gerhard-Marcks-Haus

Wo sonst Bildhauerei zu sehen ist, sieht man jetzt Leinwände, auf denen Videos laufen, Figuren aus den unterschiedlichsten Materialien, umfassende Soundanlagen, Installationen und Malereien. Denn für die kommenden Wochen hat die junge Bremer Kunstszene das Bildhauermuseum übernommen: zehn Meisterschülerinnen und Meisterschüler der Hochschule für Künste stellen ihre Arbeiten aus.

"Weaving Echos" heißt die Werkschau, was so viel wie "Echos weben" bedeutet. Die Ausstellung hat kein übergeordnetes Thema, sagt Arie Hartog, kuratorischer Leiter des Gerhard-Marcks-Hauses: "Es wäre völlig falsch, bei dieser Ausstellung ein Oberthema zu setzen. Dann würden wir ja diese Künstlerinnen und Künstler in ihrer Entwicklung beschneiden. Meisterschülerinnen und Meisterschülern geht es ja gerade darum: Ich habe eine künstlerische Position und will sie schärfen. Deshalb muss der Ausgangspunkt der kuratorischen Leitung auch sein, diese Schärfung zuzulassen. Dadurch entstehen Kontraste, es entstehen Parallelen – und das ist das, was in der Ausstellung zu sehen ist. Tatsächlich: man geht durch und denkt sich, hey, das Motiv verhält sich zu etwas, was ich gerade gesehen habe."

Facettenreiche Kunstwerke, die mit dem Raum spielen

Bilder und Installationen der Ausstellung "Weaving Echoes" im Gerhard-Marcks- Haus. Francisco Valenca Vaz
Aria Farajnezhad, Filmstill "Toppled from the Horizontal Axis", 2022. Bild: Manja Hermann

Zu sehen gibt es einiges: Martin Reichmann hat das klassische Motiv des Pferdekopfes mehrfach mit verschiedenen Materialien reproduziert, Konstanze Spät hat in ihrer Arbeit mit Brausetabletten experimentiert. In einem Raum fällt ein großer Vorhang ins Auge, der fast von einer Ecke zur nächsten reicht. Das Material ist dünn, fast durchsichtig, drauf zu sehen sind Blumen- und Pflanzenmotive auf dunklem Hintergrund. Stéphane Tony Krust hat dieses Werk in Tusche und Acryl auf Tüll entworfen: "Ich habe mich inspirieren lassen von diesem traditionellen Wandteppichstil, dem sogenannten Mille Fleurs, und mit diesem Stil habe ich die Pflanzen aus der Marquis mitgebracht – das ist eine Region in Südfrankreich – die sehr wild sind", sagt der Künstler.

Im gleichen Raum steht die Installation von Elizaveta Kovalenko. Da sind rote neben weißen Objekten zu sehen, einige sind flach mit einer geriffelten Oberfläche, andere sehen aus wie durchteilte Blumentöpfe. Die Künstlerin beschäftigt sich damit, wie zwei Teile zueinanderkommen und was dann passiert, wenn diese beiden Teile nicht zueinander passen. "Diese Ebene von unterschiedlichen Verhältnissen sieht man auch in der Installation mithilfe von unterschiedlichen Materialien, die ich verwende. Ich arbeite mit der Keramik, ich arbeite mit Wachs", erklärt sie.

Mein Werk sollte auf den ersten Blick aussehen wie eine leckere Praline. Man sieht eine Schachtel, die ist sehr bunt, sehr laut – und wenn man da reinbeißt, entdeckt man eigentlich, dass es unter dieser Oberfläche etwas ganz Interessantes ist

Francisco Valenca Vaz
Bilder und Installationen der Ausstellung "Weaving Echoes" im Gerhard-Marcks-Haus
Francisco Valenca Vaz, Trost der Dinge, 2022, Installation. Bild: Gerhard-Marcks-Haus

Ganz anders ist die Arbeit von Francisco Valenca Vaz in einem anderen Raum: Auf dem Boden sind bunte Skulpturen verteilt, an den Wänden sind bedruckte Duschvorhänge und Handtücher angebracht. Bunt, knallig, laut – genau das, was der Künstler will. "Mein Werk sollte auf den ersten Blick aussehen wie eine sehr leckere Praline, man sieht eine Schachtel, die ist sehr bunt, sehr laut – und wenn man da reinbeißt, entdeckt man eigentlich, dass es unter dieser Oberfläche etwas ganz Interessantes ist", sagt Francisco Valenca Vaz. Eine wichtige Rolle spielen die Materialien für den Künstler und die Auseinandersetzung mit deren Vergänglichkeit.

Performances am Eröffnungsabend

Ausstellung Weaving Echoes
Yohan Koo, Ohne Titel, 2022, Öl auf Leinwand. Bild: Gerhard-Marcks-Haus

Experimente mit Formen, Farben und Medien sieht man auch in den anderen Räumen – allerdings werden nur Wenige die Chance haben, wirklich alle Werke zu sehen: zwei Personen der HfK zeigen am Eröffnungsabend Performances, die danach nicht wiederholt werden. Aber genau das ist für Arie Hartog auf eine gewisse Weise auch der Kern der Ausstellung: "Wir als Museum sind natürlich sehr stark objektbezogen. Es gibt ein Ding, das wird gemacht, und dann bleibt es 100.000 Jahre das gleiche Ding." Natürlich gebe es heutzutage Künstlerinnen und Künstler, die mit Verwandlung arbeiten. "Es gibt hier Werke, die sich verändern werden, und es gibt Künstler, die arbeiten sehr stark aus dem Hier und Jetzt. Das heißt: Wenn die eine Performance machen am Samstag um 18 Uhr und 21 Uhr, dann muss man da sein und dann hat man das Kunstwerk erlebt – und sonst ist es weg."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 10. Juni 2022, 12:38 Uhr

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