In der Ausstellung Love is a battlefield: Wie erotisch ist die Kunst von Horst Janssen?

Horst Janssen "Memorial", Pastellkreide, 1988
Horst Janssen "Memorial", Pastellkreide, 1988 Bild: Horst Janssen | VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Der Zeichner und Grafiker Horst Janssen war bekanntlich ein "Womanizer". Von Zeitzeugen, vor allem von den vielen Frauen in seinem Leben wissen wir: Er war zärtlich, phantasievoll und kreativ, aber auch gewalttätig, übergriffig, maßlos und ließ kaum ein Tabu aus. Nach neun Jahren präsentiert das Oldenburger Horst-Janssen-Museum erneut den erotischen Aspekt seines Lebenswerkes mit einer langfristig angelegten Ausstellung: "Love is a Battlefield – Wie erotisch ist die Kunst von Horst Janssen?".

Um was geht es in der Ausstellung?

Die Ausstellung zeigt die Gegenpole der Kunst von Horst Janssen: zärtliche Liebesspiele stehen fantastischen Szenen und pervertierten Begegnunen gegenüber. Macht und Ohnmacht, Realität und Fiktion, Lust und Schmerz sind Kategorien, die die Werke von Janssen einordnen und zeugen von einerAmbivalenz seiner Werke und seines Wesens. Teil der Ausstellung ist auch eine Umfrage für Besucherinnen und Besucher. Sie kann sowohl online als auch vor Ort ausgefüllt werden und soll Fragen wie "Hat die Kunst noch den Freiraum, alles darstellen zu dürfen? Ist moralische Integrität Voraussetzung für gute Kunst? Soll man Leben und Werk trennen?" beantworten.

Wie ist die Ausstellung aufgebaut?

Körperteile, wohin man schaut. Auf allen Werken sieht man sie: Arme, Beine, Haare, Münder, Hände, Rücken, Brüste, Geschlechtsteile – aber nur selten ist alles an seinem Platz, oder in der natürlichen Proportion. Die hier gezeigten Zeichnungen und Radierungen von Horst Janssen sind stark verfremdet und abstrakt. Ist das ein Torso oder ein Phallus? Sehen wir dort eine Vulva oder eine Achselhöhle? Ist da ein inniger Kuss oder ein schmerzhaftes Zubeißen zu erkennen? Es bleibt viel Raum für Phantasie. Und die Bilder fordern den Betrachter heraus, durch ihre Fülle an interpretierbaren Einzelheiten. Deshalb die Beschränkung auf gerade einmal rund fünfzig Werke.

Host Janssen "Svanshall", Bleistift und Buntstift 1969
Horst Janssen "Svanshall", Bleistift und Buntstift, 1969 Bild: Horst Janssen | VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Skurrile Gestalten, teils aus der Mythologie oder aus dem Tierreich inspiriert, bevölkern seine Darstellungen. Motivisch sind die Werke in fünf Gegensatzpaaren angeordnet: Eines davon heißt "Macht und Ohnmacht". "Männer" – so wird hier Horst Janssen zitiert – "spielen sich im Geschlechterkampf als überlegen auf. Die Frauen sind es." Auch "Lust und Schmerz" ist ein Gegensatzpaar, und ja, hier widmet sich der Künstler dem Sado-Masochismus. Und dann ist da der Gegensatz "Vereint oder vereinzelt". Ein anrührendes Kapitel der Ausstellung, es zeigt Janssens Sehnsucht nach gelingender Zweisamkeit – die es in seinem Leben nie dauerhaft gegeben hat. "Allein bin ich gut, zu zweit bin ich eine Katastrophe", hat er einmal geschrieben.

Lohnt sich ein Besuch?

Horst Janssen Aquarell "Phyllis Vriederich", 1978
Horst Janssen "Phyllis Vriederich", Aquarell, 1978 Bild: Horst Janssen | VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Auch wenn die Ausstellung erst begonnen hat – sie zieht ihre Kreise schon seit fast einem Jahr und wird es weiterhin tun. Denn online hat das Museum schon viele Publikumsstimmen zu sieben, der hier gezeigten Werke, gesammelt und sammelt weiter. Einige Aussagen sind jetzt wie Sprechblasen auf Kopien der Bilder geklebt. Es ist bemerkenswert, das zum Beispiel ein und dasselbe Bild als entspannter "Sex on the Beach" gesehen werden kann, aber auch als brutaler Missbrauch. Es liegt im Auge des Betrachtenden. Und genau deswegen müssen Besucherinnen und Besucher abwägen: Gebe ich einem gewalttätigen Künstler wie Horst Janssen ein Forum, möchte ich erfahren von der Kunst, die teils verstören, teils faszinierend erscheint... oder nicht?

Dieses Thema im Programm: 13. Oktober 2023, 16:18 Uhr

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