Die Morgenandacht Das Sakrament des Handtuchs

Klaus Hagedorn
Klaus Hagedorn

Die Morgenandacht Das Sakrament des Handtuchs

Klaus Hagedorn spricht über einen Sozialarbeiter der in Brasilien drogenabhängigen Frauen hilft. Das vergleicht er mit Jesus, der seinen Jüngern die Füße wäscht.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Klaus Hagedorn spricht über einen Sozialarbeiter der in Brasilien drogenabhängigen Frauen hilft. Das vergleicht er mit Jesus, der seinen Jüngern die Füße wäscht.

In den Kirchen wird heute an eine verrückte Szene erinnert: Ein Meister, der seinen Jüngern die Füße wäscht, sich tief bückt, einen niedrigsten Dienst übernimmt. Das widerspricht auch unseren Lebenserfahrungen heute. Ver-rückte (!) Welt. Wer sich mühsam im Beruf hochgearbeitet hat, der wäscht oft anderen den Kopf – von oben herab – und leistet keinen niedrigsten Dienst mehr. So ist die Ordnung, die wir eingerichtet und an die wir uns gewöhnt haben. Die verrückte Welt der Liebe zeigt sich anders, so der Evangelist Johannes (13,1-15) im heutigen Evangelium.

Jesus ist mit Leuten zusammen, denen er ungeschützt sein ganzes Vertrauen geschenkt hat, die ihn aber fast alle so oder so verlassen werden. Keine beeindruckende Gruppe, die sich da zusammengefunden hat. Und dennoch gibt er ihnen während des gemeinsamen Mahls durch das Waschen der Füße ein Zeichen seiner Liebe.
Erich Fried hat ein Gedicht geschrieben: "Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist nichts als Schmerz, sagt die Angst. Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. Es ist lächerlich, sagt der Stolz. Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht. Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. Es ist, was es ist, sagt die Liebe." Bei diesem Mahl sagt die Liebe: Es ist, was es ist. Es mag unvernünftig sein, diesen Menschen die Füße zu waschen; es mag lächerlich sein, aussichtslos, verrückt. Es ist, was es ist, sagt die Liebe.

In einer Stadt in Brasilien hat ein Sozialarbeiter im Entwicklungsdienst eine Einrichtung für drogenabhängige Frauen gegründet. Er sah: Sie sind oftmals unter völlig falschen Versprechungen vom Land in die Stadt ausgewandert; sie sind Ausgebeutete; sie verdienen gezwungenermaßen durch Prostitution ihren Lebensunterhalt – alternativlos. Wenn sie von dieser Arbeit zurückkommen, ist dieser Sozialarbeiter da und hat ihnen ein sauberes Handtuch für die Dusche bereitgelegt. Und er kocht einen Tee – und er hört zu, was erlebt und erlitten worden ist am Tag. Keine Verurteilung, keine Abwertung – aber Dasein und Zuhören.

Das Überreichen des Handtuchs ist für ihn so etwas wie die Fußwaschung bei Jesus, ein selbstloser Dienst der Reinigung. Der gemeinsame Tee ist für ihn so etwas wie das Abendmahl, nur eben nicht mit Wein und Brot. Das oft stundenlange Zuhören ist für den Helfer wie das Wachen und Beten mit Jesus am Ölberg. Das Matthäus-Evangelium (vgl. 25, 35-40) ist Wegzeichen für eine solche Ausdeutung. Vielleicht würde Jesus heute sagen: Ich war auf dem Drogenstrich, und Ihr habt mir ein Handtuch gegeben, habt Tee mit mir geteilt und mein Schicksal mit mir ausgehalten.


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