Die Morgenandacht Von den Zahlen nicht abschrecken lassen

Den Glauben an Jesus Christus weitertragen können alle, betont Ingo Wilberding. Dazu brauche es keine besonderen Weihen und Beauftragungen.

Die katholischen Kirchengemeinden in unserer Stadt stehen gerade in einem Reformprozess. Wie ja eigentlich die gesamte katholische Kirche. Schon im vergangenen Jahr befassten sich die Katholiken in den einzelnen Gemeinden damit, was denn an ihrem Standort ihr eigenes Profil ist. Wo liegt das Hauptaugenmerk, was brauchen wir in unserer Situation hier am Standort? Und das ist naturgemäß zum Beispiel in Schwachhausen anders als in Gröpelingen.

In der vergangenen Woche nun fanden Treffen statt, zu denen neben den gewählten Gremien jeder Kirchengemeinde auch alle Interessierten eingeladen waren. An zwei Abenden wurde referiert und diskutiert, aufmerksam zugehört und manchmal auch erstaunt geguckt. Zu den Treffen kamen auch Vertreterinnen und Vertreter aus Osnabrück, also von der Bistumsleitung. Nüchtern wurden Zahlen vorgetragen und Rahmenpunkte benannt. Weniger Geld, weniger Personal, weniger Gebäude. Klar ist, es werden weniger Katholikinnen und Katholiken, nicht nur in Bremen, sondern bundesweit. Wie also soll sie sein, die Kirche der Zukunft in unserer Stadt? Haben wir noch so etwas wie eine gesellschaftliche Relevanz?

Für wen und was setzen wir uns ein? Und was lassen wir auch bleiben? Welche institutionellen Zöpfe haben sich gebildet, die dringend abgeschnitten gehören? Der Abend endete mit einem Gebet zum Heiligen Geist. Und gerade hier wurde mir wieder klar, was wir eigentlich sind: Wir sind zuerst eine Glaubensgemeinschaft! Wir tragen den Glauben an Gott und Jesus Christus weiter und alles, was wir tun, speist sich daraus und hat darin sein Ziel.

Und das können wir alle! Es braucht keine besonderen Weihen und Beauftragungen, um im Sinne Gottes wirken zu können. Wir haben schon einen Anführer und das ist Jesus. Seine Art zu leben, zu sprechen, sich den Menschen zuzuwenden und mit Gott verbunden zu sein, ist unsere Leitschnur. Wir alle sind getauft und haben damit die gleiche priesterliche Würde, wenn wir das tun, was Jesus uns aufgetragen hat: Mithelfen am Aufbau des Reiches Gottes. Damit es besser wird auf dieser Welt, in unserer Stadt. Also: Nicht abschrecken lassen von kleiner werdenden Zahlen. Und: Mutig voran. Ich lebe das, was ich von ihm, von seiner Botschaft, verstanden habe in meinem eigenen Leben und in meinem eigenen sozialen Umfeld. Und ich spreche davon in meiner mir eigenen Sprache, so dass die Menschen verstehen, was ich tue und worum es geht. So wird Gemeinde. So ist Kirche. Und zum Auftanken geht’s in die Gemeinschaft. In den Gottesdienst, ins Abendgebet, in den Bibelkreis, in den Chor, egal. Zumindest dahin, wo ich spüre: Es ist der Herr.