Die Morgenandacht Kampf mit mir selbst
Stand: 18. Mai 2025.
Die Morgenandacht Kampf mit mir selbst
Informationen zum Audio
- Verfügbar bis: 18. Mai 2027 Informationen zur Verweildauer
Jeden Morgen ringt Pastor Frank Mühring mit sich – und der Waage. Ein Kampf, der ihn ärgert. Denn er wünscht sich, er könnte freundlicher und gelassener mit sich selbst sein.
Jeden Morgen der gleiche Kampf. Es ist zehn vor halb sieben. Gerade bin ich aus dem Bett gekrochen, schon ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Meine Gegnerin ist unerbittlich und streng. Sie wird heute wieder alles von mir abfordern. Ich betrete das Badezimmer und ahne: Gleich wird die erste Runde eingeläutet. Der Kampf beginnt, wenn ich die Waage unter dem Waschschränkchen hervorziehe. Die Anzeige auf Null stelle. Waage, das Wort klingt nett harmlos. Irgendwie freundlich nach Gleichgewicht und Ausgleich. Dabei bringt mich nichts so sehr aus der Balance wie der tägliche Kampf mit dem, was ich auf die Waage bringe.
Es ist fünf vor halb sieben. K.o. in der ersten Runde. Fast ein Kilo mehr als gestern. Die Zahl oben im Fenster der Waage leuchtet unbarmherzig auf. Rot wie ein Warnlicht. Treffer in der Magengrube. Ich verstehe es nicht, ich hatte doch nur einen Salat zum Mittag. Meine Gegnerin sagt: Mein Lieber, das bedeutet nach Feierabend noch Joggen oder eine Stunde Radfahren. Sie ist streng und duldet kein Schummeln.
Als mich meine Frau letzthin fragte: „Wiegst du dich eigentlich jeden Morgen?“ Da hätte ich ihr am liebsten geantwortet: "Ja, genau das will ich. Ich möchte mich jeden Tag wiegen. In Heiterkeit nämlich. In Sorglosigkeit. In großem Frieden. Ich möchte aufstehen und meine Seele soll sich im Gleichgewicht wiegen. Frei leben will ich, ohne das andauernde Rechnen und Vergleichen." So schlagfertig war ich in dem Moment nicht.
Jesus hat einmal gesagt: "Liebt eure Feinde. Tut wohl denen, die euch hassen." (Lukas 6,27) Der Feind, der mir morgens im Bad begegnet, ist eigentlich nicht meine Waage. Ich bin es selbst. Mein innerer Kritiker sagt mir immer: Du musst mehr an dir arbeiten, andere schaffen das auch. Quäl dich mal richtig. Feindselig fühlt sich das. Ich möchte anders in den Tag gehen, ohne Prügel von mir selbst zu beziehen. Ich will nicht schon in aller Frühe Schlachtpläne entwickeln, wie ich mein Gewicht reduziere. Leicht, locker und unbeschwert von Warnhinweisen möchte ich leben. Gott hat den Menschen einst vollkommen und gut geschaffen. Im Paradies gab es sicher keine Waage. Gottes Liebe und Anerkennung muss ich mir nicht durch Fitnesspläne verdienen. Seine Liebe ist jeden Morgen neu.
Jesus rät mir dazu, meinen inneren Feind zu umarmen. Mir selbst Gutes zu tun. Ihn zu verwöhnen, damit er sich mit mir und meiner Schwachheit versöhnen kann. Nur wer sich selbst mag, kann auch andere mögen. Nicht mehr so verbissen will ich mit mir sein. Ich verlasse den Ring. Ich glaube, es wird bestimmt ein schöner, leichter Tag.