Die Morgenandacht Der Engel an der Haltestelle

Frauke Löffler
Frauke Löffler

Die Morgenandacht Der Engel an der Haltestelle

Ein verlorenes Kuscheltuch an einer Straßenbahnhaltestelle. Ein kleiner Engel, der nach Hause möchte? Oder ein Engel, der Frauke Löffler an Wichtiges erinnert?

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Ein verlorenes Kuscheltuch an einer Straßenbahnhaltestelle. Ein kleiner Engel, der nach Hause möchte? Oder ein Engel, der Frauke Löffler an Wichtiges erinnert?

Wann findet man schon einen Engel an einer Haltestelle? Auf dem Weg zu einem Termin sitze ich am frühen Morgen in der Straßenbahn. Sie hält an einer Haltestelle. Auf der Bank dort liegt ein Engel. Er ist so ein Schmusetuch für Kleinkinder, mit rundem Kopf aber ganz plattem Körper, weich und anschmiegsam. Vermutlich ist er aus einem Kinderwagen gefallen, beim Aussteigen oder Warten an dieser Station. hast du nicht ordentlich aufgepasst, kleiner Engel, denke ich. Was soll das Kind nun ohne dich machen? Vermutlich ist das Geschrei schon groß – irgendwo in einer Bahn oder zu Fuß auf dem Weg nach Hause.

Der Engel liegt platt auf der Bank und sieht etwas erschöpft aus. Bestimmt hat ihn jemand dorthin gelegt nachdem er auf dem Boden gelandet war. So kann wenigstens niemand drauf treten und ihn noch schmutziger machen. Nun wartet er darauf, wieder abgeholt zu werden und wartet, ganz allein auf dieser Bank. Hoffentlich muss er nicht so lange warten. Ich wünschte, er könnte losfliegen und wieder bei seinem Kind landen. Irgendwie ist das doch sehr traurig.

Da kommt mir eine verwegene Idee. Vielleicht ist das mein Engel, der da liegt – also im übertragenen Sinn. Vielleicht hat nicht er sein Kind oder das Kind ihn verloren, sondern er liegt da als Erinnerung. Als Erinnerung für mich. Als Erinnerung daran, dass ich an diesem Morgen nicht allein unterwegs bin, sondern Gott und seine Engel mich begleiten. Er liegt dort wie bestellt und nicht abgeholt, weil ich mal wieder vergessen habe, dass es ja auch Engel gibt, die für mich da sind – immer dann, wenn ich versuche, alles allein zu schaffen statt mal um Hilfe zu fragen. Dabei stand da immer wieder jemand bereit, um mit anzupacken oder mich zu unterstützen. Und hinterher erzähle ich dann, dass ich wieder alles alleine machen musste. Vielleicht liegt er dort auch platt und erschöpft, weil ich ihn trotz all seiner Bemühungen so oft nicht bemerke. Dabei hat er mir schon so oft Gottes Liebe gezeigt: im freundlichen Lächeln eines Menschen, der mir begegnet. In der Umarmung einer guten Freundin, die mir Mut macht. Manchmal auch im Konzert der Vögel am frühen Morgen, wenn die Welt sonst noch ganz still ist. Und immer wieder habe ich nur erzählt, was alles doof war und nicht gelungen ist.

Die Straßenbahn fährt weiter. Und als ich an der nächsten Station aussteige, da flattert es neben mir. Kurz nur. Ich drehe mich um, kann aber nichts entdecken. Aber ich muss lächeln und denke im Stillen: Danke, du Engel, dass du mich an dich erinnern hast!

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  • Frauke Löffler

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