Die Morgenandacht Seelsorge mit Klamotten
Stand: 6. Mai 2025.
Die Morgenandacht Seelsorge mit Klamotten
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Seelsorge ist auch Leib-Sorge, meint der Gefängnisseelsorger und Diakon Richard Goritzka. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Häftlingen Kleidung zu geben.
"Ich brauche Klamotten, Jeans, T-Shirts, eine Jogginghose und eine Jacke!" – Viele Gefangene haben diesen Hilferuf in den letzten Jahren an mich herangetragen. Ich bin Diakon, katholischer Seelsorger in den Haftanstalten des Landes Bremen. Wer von der Straße weg inhaftiert wurde, hat im Gefängnis Mühe, geeignete Kleidung für unterschiedliches Wetter und passende Schuhe zu bekommen. Und wer in Strafhaft sitzt, dessen Arbeitseinkommen reicht in der Regel nicht aus, um bei einem Versandhandel Kleidung zu bestellen. Viel zu teuer! Das Geld muss eher für Tabak und Kaffee reichen, fürs Telefonieren oder für die TV-Gebühren. Fernsehen im Knast ist schließlich nicht umsonst!
Was tun, wenn mich ein solche Bitte um Kleidung erreicht? Mein evangelischer Kollege und ich waren in den letzten Jahren froh und dankbar für die Unterstützung durch den "Anziehungspunkt". Das ist die Kleiderkammer der Inneren Mission in der Bornstraße in Bremen. Hier bekommen Menschen Kleidung für kleines Geld. Kleidung, die andere abgegeben haben, weil sie sie nicht mehr brauchen, Second-Hand-Kleidung: gereinigt, sortiert und ausgegeben durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im "Anziehungspunkt" bekommen auch wir Kleidung für unseren Fundus in der Haftanstalt. Gut, dass es mehrere Einrichtungen dieser Art in Bremen gibt! Die Caritas bietet gute, gebrauchte Kleidung an im "Klederschnoor" in der Kolpingstraße. In der Heilig-Geist-Kirche in der Neuen-Vahr-Nord ist mehrmals wöchentlich der "Marktplatz" geöffnet - auch dort gibt es Kleidung für Menschen mit schmalem Geldbeutel.
Jesus sagt: "Ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben!" Er macht sich ganz eins mit denen, die nichts haben. Ihre Stimme ist seine Stimme. In einem Lied heißt es: Der Herr wird nicht fragen: Womit hast Du geglänzt, was hast Du Schönes getragen? Seine Frage wird lauten: Was hast Du bewirkt, wen hast Du gewärmt um meinetwillen? Gebrauchte Kleidung abzugeben, selbst gebrauchte Kleidung zu tragen ist nachhaltig und finanziell sinnvoll. Und es ist ein Weg zu mehr Menschlichkeit und Solidarität in unserer Gesellschaft. Kleidung wärmt uns ja nicht nur körperlich! Passende und gute Kleidung gibt uns auch als Menschen ein Gesicht. "Kleider machen Leute", sagt der Volksmund. Und wo Menschlichkeit und Solidarität wachsen, da wächst auch das, was wir Christen "Reich Gottes" nennen.
Die Inhaftierten in Bremen haben jedenfalls in den letzten Jahren immer wieder erlebt: Seelsorge ist auch "Leib Sorge" – dann, wenn sie durch den kirchlichen Dienst in der Haftanstalt bekamen, worum sie gebeten hatten: Jeans und eine Jogginghose, T-Shirts, eine Jacke oder Schuhe. Und wer sich selbst als Mensch angenommen und gewürdigt fühlt, der wird auch anderen Respekt erweisen.