Die Morgenandacht Durstige haben viele Gesichter

Richard Goritzka
Richard Goritzka

Die Morgenandacht Durstige haben viele Gesichter

In der Haftanstalt begegnen ihm immer wieder Menschen mit Durst nach
Vertrauen, Respekt und Gemeinschaft, sagt Diakon und Gefängnisseelsorger Richard Goritzka.  

Bild: Katholischer Gemeindverband Bremen

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In der Haftanstalt begegnen ihm immer wieder Menschen mit Durst nach Vertrauen, Respekt und Gemeinschaft, sagt Diakon und Gefängnisseelsorger Richard Goritzka.  

In einem Hauseingang im Bremer Westen übernachtet sommers wie winters eine Frau. Tagsüber ist sie mit Sack und Pack unterwegs; manchmal bin ich ihr schon im Bus begegnet. Wie schafft sie es, so zu leben? Ich scheue mich, sie anzusprechen. Die Frau gehört zu den knapp 150 obdachlosen Menschen, die es nach Behördenangaben in der Stadt gibt. Wie leben Obdachlose? Wie versorgen sie sich mit Wasser, mit Trinkwasser? Im Supermarkt sind sie nicht gern gesehen. Und sie schämen sich, weil sie schmutzig sind.

Vor längerer Zeit habe ich mit dem Streetworker Harald Schröder vom Verein für Innere Mission einen alternativen Stadtrundgang gemacht. Schröder zeigte uns Bremens Innenstadt aus der Sicht von Obdachlosen. Sie hatten ihm ihre Not geklagt: Es fehle vor allem eine öffentliche Trinkwasserstelle, die rund um die Uhr erreichbar ist. Schröder erzählte, er habe damals in der Propsteigemeinde St. Johann schnell für dieses Anliegen Gehör gefunden. Und so gibt es seit 2015 in der Hohen Straße direkt neben dem Pfarrbüro von St. Johann eine kostenlose Trinkwasserstelle! Der Zapfhahn in einer Hauswand – klein, aber ungemein hilfreich! Für obdachlose Menschen ein Segen!

Die nächste Trinkwasserquelle wurde an der Liebfrauenkirche in der Innenstadt eröffnet. Inzwischen hat die Stadt Bremen flächendeckend kostenfreie Zapfstellen eingerichtet. Die Klage der Obdachlosen wurde erhört! Ihre Initiative mit Streetworker Harald Schröder hat Früchte getragen.

Jesus sagt: "Ich war durstig und Ihr habt mir zu trinken gegeben. Was Ihr einem der Geringsten getan habt, das habt Ihr mir getan." Im Notleidenden begegnet uns Jesus. Die Armen geben ihm ein Gesicht, ihre Stimme ist seine Stimme. Ihr Durst ist sein Durst. Und die Obdachlosen dürsten ja nicht nur nach Wasser, sondern auch nach Sicherheit und Geborgenheit. So wie alle Menschen! In einem Lied heißt es: Der Herr wird nicht fragen: "Was hast Du gespeist, was hast Du Gutes getrunken? Seine Frage wird lauten: Was hast Du geteilt, wen hast du genährt um meinetwillen?"

Ich bin als Diakon katholischer Seelsorger in den Haftanstalten des Landes Bremen. Im Gefängnis begegnen mir immer wieder Menschen mit ihrem Durst nach Vertrauen, Respekt und Gemeinschaft! Ein Insasse sagte mir neulich sogar: "Unsere Seele dürstet nach Gott!" – Ganz unbewusst hat er mit seinen Worten einen Satz aus der Bibel zitiert!

Menschen dürsten mit Leib und Seele! Ihr Durst hat viele Gesichter. Unabhängig davon, ob sie vor oder hinter Gittern leben, ob sie in einem Haus wohnen oder auf der Straße leben. Es braucht Engagement, Kreativität und Fantasie, ihren Durst zu stillen. Wenn es gelingt, gewinnt das Leben eine ganz neue Qualität.

Autor/Autorin

  • Richard Goritzka

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