Die Morgenandacht Abwarten und Tee trinken

Ulrike Oetken
Ulrike Oetken

Die Morgenandacht Abwarten und Tee trinken

"Auszeit", "Leib und Seele", "Morgenfreude" – Teesorten haben oft sehr kreative Namen. Pastorin Ulrike Oetken geht der Frage nach, ob die Namen, die Sorgen vertreiben sollen, gänzlich aus der Luft gegriffen oder doch ein bisschen realitätsnah sind.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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"Auszeit", "Leib und Seele", "Morgenfreude" – Teesorten haben oft sehr kreative Namen. Pastorin Ulrike Oetken geht der Frage nach, ob die Namen, die Sorgen vertreiben sollen, gänzlich aus der Luft gegriffen oder doch ein bisschen realitätsnah sind.

"Auszeit", "Leib und Seele", "Morgenfreude", "innere Harmonie", "Frische der Bergwelt", "heisse Liebe", "feel new" und auch: "gute Hoffnung". Na, an was denken Sie, wenn Sie diese schönen Worte hören? Richtig: es sind Namen von Teemischungen. Wobei: Tee darf sich eigentlich nur das Heißgetränk nennen, das aus den Blättern und Stängeln der Teepflanze aufgebrüht wird. Aber das spielt hier keine Rolle. Es geht um den Genuss: den Teebeutel aus der oft hübsch verzierten Verpackung nehmen, ihn in die Tasse legen und mit heißem Wasser übergießen – das ist für sich genommen schon ein kleines Ritual. Dann den Duft des Tees zu schnuppern und das Aroma zu schmecken, kann eine Welle der Zufriedenheit auslösen.
Eine Tasse Tee unterbricht den Alltag und schafft einen Moment der Ruhe und Entspannung oder auch neuer Energie, je nach Teesorte.

Die klingenden Namen der Tees sind ein Versprechen und Programm: "Fühl dich gut", "Balance", "Sinne des Lebens", "Temple of Heaven"… Wer denkt sich so etwas eigentlich aus und warum? Vermutlich, weil sich der Tee dann besser verkauft, wenn er positive Gefühle wachruft und an Gefühle und Zustände rührt, die viele Menschen sich wünschen: Frieden, Freude, Motivation, Gelassenheit, Zuversicht, Liebe. Wenn man sich dies alles doch nur mit einem Teebeutel in die Tasse hängen könnte, so dass es sich warm im  Körper ausbreitet. Für einen Moment scheint es manchmal zu klappen. Wenn auch nicht auf Dauer. Aber es stimmt sicher auch, was die altchinesische Weisheit beobachtet hat: "Hoffnung ist wie der Zucker im Tee: Auch wenn sie klein ist, versüßt sie alles". Das gilt ganz bestimmt auch für meine Glücksmischung. Erst recht, wenn ich sie verschenke. 

Gebrauchen kann ich es und andere in meinem Umfeld auch. Vor welchen Herausforderungen wir derzeit stehen, lässt mich manchmal schlucken. Ist das nicht alles ein bisschen viel und ein bisschen groß, was uns da jeden Morgen aus Zeitung, Radio und Internet entgegenkommt?

Sie kennen vielleicht die Redewendung "Abwarten und Tee trinken". Das bedeutet, geduldig, klug und gelassen zu handeln. "Man trinkt Tee, um den Lärm der Welt zu vergessen", sagt ein weiteres chinesisches Sprichwort. Eine Tasse Tee wie eine kleine Auszeit, ein Quentchen Glück, ein Zipfel Gelassenheit, ein Anflug von Harmonie oder eine Prise Humor. All das tut gut. Ich trinke Tee, ich warte ein bisschen ab, ich löse nicht die Probleme der Welt, aber ich schöpfe Hoffnung, denke ein bisschen nach, nehme mir ein paar Minuten Zeit, spüre etwas Wärme. Hoffnung ist wie der Zucker im Tee, auch wenn sie klein ist, versüßt sie alles.


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  • Ulrike Oetken

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