Die Morgenandacht Lückenfüller

Alexander Rolfes
Alexander Rolfes

Die Morgenandacht Lückenfüller

Wer füllt die Lücke, wenn jemand nicht mehr da ist? Damit beschäftigt sich der Theologe Alexander Rolfes. Und findet eine Antwort in der Bibel.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Neulich erfuhr ich von einer Beschäftigung, von der ich noch nie zuvor gehört hatte: "Seat-filling" – Zu Deutsch: Platzfüllen. Ob bei der Oscar Verleihung oder großen Fußballspielen: Der Eindruck von leeren Reihen oder Rängen soll vermieden werden, indem eigens dafür engagierte Menschen die Plätze füllen: Lückenfüller. Lücken müssen kaschiert werden, denn Lücken zeigen einen Mangel an etwas, drücken Desinteresse aus, senken beim Betrachten des jeweiligen Ereignisses die Nachfrage. Kein Problem! Diese Lücken können schnell geschlossen werden – zumindest auf den Bildern! Und dann gibt es Lücken, die können nicht so einfach mit "seat-fillern" gefüllt werden.

Wer füllt die Lücke, fragen angesichts eines rapiden Mitgliederschwundes die verbleibenden Mitglieder von Vereinen oder ehrenamtlichen Organisationen. Wer füllt die Lücke, nach dem Tod eines lieben Menschen, dessen Platz nicht einfach nachbesetzt werden kann? Wer füllt die Lücke, fragen Menschen in den Kirchengemeinden; traurig, wenn sie sehen, was bleibt beziehungsweise wie viele nicht bleiben. Wer füllt die Lücke? Das war die Schicksalsfrage der Jüngerinnen und Jünger angesichts des Fehlens Jesu. Eine Frage aus der Frühzeit der Christenheit. Eine Frage auch heute. Die biblischen Texte nach der Kreuzigung spielen häufig drinnen. Im Haus, inmitten einer verunsicherten und verängstigten Jüngerschaft. Jesus ist tot; verunsichert ziehen sich seine Jüngerinnen und Jünger hinter verschlossene Türen zurück. Ängstlich rücken sie zusammen.

Doch so eng zusammenrücken können sie gar nicht, dass nicht immer noch die Leere bliebe. Die Lücke, die die Jüngerinnen und Jünger schmerzlich erfahren, diese Lücke lässt sich nicht füllen – durch nichts und niemanden, außer durch Jesus selbst! Und das geschieht. Jesus füllt die Lücke mit sich selbst. Das ist die österliche Erfahrung: Er ist da: Auferstehung. – Aber dieser auferstandene Jesus geistert nicht als Untoter durch die Gegend. Er kehrt nicht einfach wieder in sein früheres Leben zurück, um von Neuem auf den Straßen unterwegs zu sein.

Was ihn erfüllt, erfüllt ab jetzt auch uns. Was ihn treibt, treibt auch uns. Was ihn bevollmächtigt, bevollmächtigt auch uns, und zwar alle – und so füllt er die Lücke. Er selber wird zum Lückenfüller! Diese Kraft ist spürbar, auch heute noch.
Die Theologin Dorothee Sölle spricht von dieser Kraft in ihrem Text:

Hunger nach Sinn

Ich werde manchmal gefragt, 
warum ich denn "immer noch" für Gerechtigkeit, 
Friede und die gute Schöpfung eintrete. 
"Immer noch?" frage ich zurück, 
wir fangen doch gerade erst an. 
Wir können uns doch nicht auf das geistige Niveau 
des Kapitalismus zurückschrauben 
und ständig "Sinn" mit "Erfolg" verwechseln.
Das ist eine lebensgefährliche Verwechslung, 
wenn wir das Leben zurückrechtstutzen 
auf das Machbare und das, 
was sich konsumieren lässt. 
Meine Tradition hat uns wirklich mehr versprochen! 
Ein Leben vor dem Tod, gerechtes Handeln 
und die Verbundenheit mit allem, was lebt, 
die Wölfe neben den Lämmern und Gott nicht oben 
und nicht später, sondern jetzt und hier. 
Bei uns, in uns.

Dorothee Sölle

Autor/Autorin

  • Diplom-Theologe Alexander Rolfes

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