Die Morgenandacht Stürmische Zeiten und Fokussierung

Alexander Rolfes
Alexander Rolfes

Die Morgenandacht Stürmische Zeiten und Fokussierung

In widrigen Zeiten ist es gut, sich an Jesus zu orientieren, findet Alexander Rolfes. So bekommt man wieder Boden unter den Füßen.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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256 nach Christus in Mesopotamien am rechten Ufer des Euphrat: Dura Europos, eine römische Grenzstadt, wird von den auf der anderen Seite des Euphrat herrschenden Sassaniden erobert und zerstört. Im Laufe der Zeit von Sand und Lehm bedeckt, die Vieles konservieren, wird die Stadt in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts ausgegraben. Neben vielen Tempeln wird auch – direkt neben der Stadtmauer – eine kleine christliche Hauskirche gefunden.
Einige Fresken blieben über die Zeit hinweg erhalten. Eine kleine Wandmalerei in der Kapelle zeigt im Hintergrund ein Schiff oder Boot, auf dem einige Menschen mit erhobenen Händen stehen; einige weitere Details lassen keinen Zweifel mehr bestehen: Die Szene zeigt den sogenannten "Seewandel des Petrus".

Welchen Grund hatten die frühen Christen in Dura Europos, diese Geschichte in Bildform an die Wand ihrer Taufkapelle zu bringen? Zur biblischen Geschichte: Die Situation ist kritisch: Nachts, im Dunkeln (die vierte Nachtwache dauert von zwei bis vier Uhr), auf einem von Wellen "gequälten" Boot bei Gegenwind haben die Jünger eine Erscheinung und meinen, sich nicht einmal mehr auf ihre Wahrnehmungen verlassen zu können. Sie schreien vor Angst. Das vermeintliche "Gespenst" versucht, ihnen Mut zuzusprechen und sie zu beruhigen.

Petrus, der Anführer der Jünger, hat zumindest den Mut, die Probe aufs Exempel zu machen. Er vertraut darauf, seine Ziele – die auf dem "Meer" gehende Leitfigur und damit die Beruhigung der Gefährten – zu erreichen. Das gelingt, bis er den Wind sieht, das heißt, seine Aufmerksamkeit auf ihn richtet und sich zu fürchten beginnt. In dem Moment, in dem Petrus die Widrigkeiten bei der Erreichung der Ziele in den Blick nimmt, deshalb Angst bekommt und deshalb sein Ziel aus den Augen verliert, droht er zu versinken, zu scheitern. Die erneute Ausrichtung auf sein Ziel – symbolisiert durch den Rettungsruf – verhindert den "Untergang", das Scheitern.

Hier wird nicht von der Überwindung von Naturgesetzen durch den allmächtigen Gottessohn berichtet, sondern eine menschliche Grunderfahrung vermittelt: Wer sein Ziel unter widrigen Umständen aus den Augen verliert, geht unter. Positiv gewendet: Wer sein Ziel auch unter widrigen Umständen nicht aus den Augen verliert und darauf vertraut, es zu erreichen, wird nicht untergehen.
Wer die Geschichte wie oben liest, kann sich die Frage selbst beantworten, warum eine frühe Christengemeinde am Rande des römischen Reiches ihre Taufkapelle mit einem Fresko der Seewandel-Szene ausmalt. In einer Situation, in der Gegenwind, Wellen und Dunkelheit alltägliche Grunderfahrungen sind, weist dieses Bild die Christen darauf hin, dass es Situationen geben mag, in denen "einem das Wasser bis zum Hals steht" und man kurz davor ist, unterzugehen. Die Orientierung und Fokussierung auf das Beispiel Jesu helfen, wieder "Boden unter die Füße zu bekommen", das eigene Handeln neu auszurichten und hoffnungsvoll (fast) Unmögliches zu vollbringen.

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  • Alexander Rolfes

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