Die Morgenandacht Himmelsstürmerei und Ankommen

Alexander Rolfes
Alexander Rolfes

Die Morgenandacht Himmelsstürmerei und Ankommen

Eine Himmelsleiter in Münster hat Alexander Rolfes beeindruckt. Sie erinnert an die biblische Geschichte einer Versöhnung zweier Brüder.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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An der Lambertikirche in Münster ist zurzeit eine beeindruckende Kunstinstallation der österreichischen Künstlerin Billi Thanner zu sehen: Eine 36 Meter hohe, orange-rot leuchtende Leiter. Ob auf dem Prinzipalmarkt oder schon von weitem, die Leiter ist ein echter Hingucker, gerade in dieser dunklen Jahreszeit. So beeindruckend diese Installation auch einfach schon so ist, sie wird noch beeindruckender, wenn wir sie im biblischen Kontext betrachten. Im Buch Genesis wird die Geschichte von Jakob erzählt. Und genau dieser hat einen Traum von einer Leiter, die auf der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Und Gott selber spricht Jakob an und sagt zu ihm:

"Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, und bringe dich zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe." Was für eine Zusage! Aber warum will er ihn zurückbringen? Ein noch genauerer Blick in die Geschichte verrät die Antwort. Jakob ist auf der Flucht! Vor seinem Bruder Esau. Und zwar zu Recht. Denn Jakob ist schlau. Hinterhältig. In manchen Situationen ein richtiger Dreckskerl. Hochintelligent, ein strategischer Denker, der es versteht, Menschen über den Tisch zu ziehen. Sogar seinen eigenen Bruder.
Ausgetrickst, um sein Erbrecht gebracht, will dieser ihn töten, zuvor jedoch gelingt Jakob die Flucht. Genau in dieser Situation finden wir ihn, auf dem Boden liegend. Und dann hat er den Traum von einer Himmelsleiter, die Erde und Himmel verbindet. Jakob packt nach dem Aufwachen die Angst. Er kann diese Zusage, dieses "Akzeptiert-Werden" Gottes nicht fassen. Und so geht seine Geschichte zunächst wie gewohnt mit den alten Tricks weiter immer weiter. Aber immer wieder nach diesem Traum packt ihn der unbewältigte Konflikt mit seinem Bruder.

Die Sehnsucht nach Versöhnung lässt ihn nicht los, bis er sich sagt: "Ich kann nicht auf Dauer fremd sein. Ich kann nicht auf Dauer auf der Flucht sein, ich muss mich dem jetzt stellen, meiner Vergangenheit, meinem Bruder." Als Jakob so weit ist, dass er sich vor diesen Gott hinstellen kann, zugibt, dass sein bisheriges Lebenskonzept zwar erfolgreich, aber erbärmlich war, da erfährt er – zum ersten Mal in seinem Leben – was es heißt, wirklich lebenswahrhaftig zu sein.

Er spürt, dass er ein gesegneter Mensch ist. Am Ende der Geschichte liegen sich die beiden Brüder versöhnt in den Armen. Und genau dafür steht die Himmelsleiter! Sie erinnert an Jakob, den Himmelsstürmer, der immer hoch hinauswollte, koste es, was es wolle.
So paradox es klingt: Die Suche, der Aufstieg zu Gott auf dieser Himmelsleiter ist im Kern ein Abstieg – ein Ankommen – zu sich und bei sich selbst. Billi Thanner sagte: Die unterste Sprosse und die oberste Sprosse der Leiter sind gleich. Da gibt es keinen Unterschied. Ich darf bei mir ankommen, auch ganz unten – Gott ist schon da!

Autor/Autorin

  • Diplom-Theologe Alexander Rolfes

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