Die Morgenandacht Langeweile

Esther Joas

Die Morgenandacht Langeweile

Danny ist an diesem Morgen im Kindergarten langweilig. Ist das ein Glück oder ein Zustand, den man schnell beenden sollte? Pastorin Inge Kuschnerus entdeckt mehrere Seiten der Langeweile.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Danny ist an diesem Morgen im Kindergarten langweilig. Ist das ein Glück oder ein Zustand, den man schnell beenden sollte? Pastorin Inge Kuschnerus entdeckt mehrere Seiten der Langeweile.

Ein Tag im Kindergarten kann lang sein. Danny hat schon alles gespielt, was ihm einfällt. Auf die anderen Kinder hat er gerade keine Lust. Für das Gefühl, das er in diesem Moment hat, gibt es Worte. "Mir ist langweilig", sagt er zu Ina, seiner Erzieherin.

Ina antwortet spontan: "Dir ist langweilig? Hast du ein Glück!" Es kann sein, dass sie dabei auch an sich selbst denkt, an ihren Alltag mit Beruf und Familie. Sie ist ständig ausgefüllt. Langeweile, also ein Zustand von "nicht-ausgefüllt-sein" – das wäre eine erholsame Abwechslung für sie. Aber Ina ist eine erfahrene Pädagogin. Neben ihren eigenen Empfindungen gibt es noch eine andere, professionelle Sicht auf Langeweile.

 Langeweile ist bei Kindern manchmal ein Zeichen für einen Reifeschritt. Sie haben sich weiterentwickelt und suchen neue Anregung. Momente der Langeweile sind dann Vorboten neuer Entwicklungen. Gerade diese Momente setzen Kreativität frei. Darum sagt Ina voller Überzeugung zu Danny: "Hast du ein Glück!"

Später erzählt Ina mir, wie der Junge sie lange angeschaut hat, sehr verwundert und sichtlich ins Nachdenken versunken. Nach einer Weile sagte er dann: "Na gut, dann geh ich Roller fahren", und weg war er.

Langeweile kann quälend sein, zum Beispiel wenn du an die Decke eines Krankenhauszimmers starrst. Oder wenn dir an einem Wochenende deine Einsamkeit vor die Füße fällt. "Hast du ein Glück", diesen Ausruf würden manche  Menschen sich mit Recht verbitten.

Aber bei vielen anderen sieht der Alltag so aus: Es ist ständig was los. In kurzen Augenblicken des Leerlaufs ist das Smartphone griffbereit. Schnell mal hier was nachschauen, eine Nachricht schreiben oder ein kurzes Video suchen. So lernen es auch die Kinder von den Erwachsenen um sie herum. Ich frage mich: Muss Zeit eigentlich immer sofort gefüllt werden? Vielleicht entgehen uns auf diese Weise viele gute Gedanken. Ein kurzer Moment, in dem ich ins Leere schaue und meine Gedanken schweifen lasse – so ein Moment ist eine Wohltat.

Christliche Mystiker beschreiben die Erfahrung, wie Momente der Leere zur Quelle werden, zu Augenblicken der Begegnung mit Gott und mit sich selbst. Man muss ja nicht gleich zum Einsiedler werden. Astrid Lindgren sagt ganz einfach: "Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach da zu sitzen und vor sich hin zu schauen."

Autor/Autorin

  • Pastorin Inge Kuschnerus

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