Die Morgenandacht Spontaner Besuch eines Engels

Gastfreundschaft ist eines der ältesten und kostbarsten Kulturgüter, die die Menschheit kennt, ist Caritas-Mitarbeiter Ingo Wilberding überzeugt.

Urlaub. Was sind Ihre Erinnerungen an den letzten Urlaub? Die hohen Berge oder das blaue Meer? Die weite Landschaft oder die schöne Stadt… Die vielen Erlebnisse oder die tiefe Ruhe auf der Liege im Garten.
Mehr noch als das bewegen mich die Erlebnisse von Gastfreundschaft auf meinen Reisen. Da komme ich völlig zerzaust und nass geregnet zu einem Cafe und werde freundlich aufgenommen, auch wenn triefend und tropfend dastehe.
Oder die Vermieter meiner Ferienwohnung stellen mir nicht nur das Dach über dem Kopf, sondern unerwartet komme ich mit ihnen ins Gespräch und es entwickelt sich eine ganz wunderbare Urlaubsbekanntschaft und ich fühle mich total willkommen.
Im eigentlich etwas sperrigen Hebräer-Brief der Bibel steht der Satz: Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.
Was für ein schöner Gedanke in der Sommerzeit, wo ja auch durch unsere Stadt wieder viele Touristen ziehen. Gastfreundschaft ist keine Vorschrift oder Gebot. Gastfreundschaft ist aber eines der ältesten und kostbarsten Kulturgüter, die die Menschheit kennt.
Gastfreundschaft meint nicht nur, ab und zu Freunde zu bekochen. Sie meint, die Unbekannten, die Fremden willkommen zu heißen und ihnen als Botschafter des Himmels die Tür zu öffnen.
Wer einen Fremden aufnimmt, stärkt in sich die Hoffnung, dass an anderen Orten das eigene Kind genauso gastfreundlich aufgenommen wird, so heißt es.
Wir leben heute in einer Zeit größter Informationsdichte und größter Mobilität. Virtuell können wir uns zu jeder Zeit an alle möglichen Ecken der Welt träumen. Und wir können uns über alles informieren, bequem vom Sofa aus ist die nächste Reise mit allen Einkehr- und Schlafmöglichkeiten schon erkundet. Dadurch hat sich unsere Art des Reisens und die Inanspruchnahme spontaner Gastfreundschaft sehr verändert.
Aber immer noch ist es das, was das Reisen so besonders macht: Menschen zu begegnen, von ihrem Leben und ihrem Denken zu erfahren und mein eigenes Leben und Denken damit in Beziehung zu setzen. Und wenn ich etwas hinüberretten will aus dem Urlaub ins normale Alltagsleben, dann vielleicht zuerst dieses: eine Gastfreundschaft im Alltag. Die Bibel ist voll von Geschichten über spontane Gastfreundschaft und den Segen, die sie bringt.
Sie kann retten und helfen. Gastfreundschaft ist, wenn wir über den Frieden in der Welt nachdenken, das allererste und beste Mittel. Wer über Grenzen hinweg einen Freund findet, wird nie mehr auf Ideologien hereinfallen.
Und so wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende, vielleicht ja mit einem spontanen Besuch eines Engels.