Die Morgenandacht Muscheln

Wibke Winkler
Wibke Winkler

Die Morgenandacht Muscheln

Eine echte Sommerlieblingsbeschäftigung von Pastorin Wibke Winkler ist das Muschelnfinden. Die Ruhe und das Versunkensein sind für sie ein kostbarer Schatz, beinahe so kostbar wie die Muscheln selbst.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Muscheln zu sammeln – seit ich ein Kind war, liebe ich es. Hände und Füße im Sand. Salz auf der Haut. Wind im Haar. So frei fühle ich mich selten. Es gibt keine Eile. Es gibt nur dieses Gefühl von Freiheit. Und dann den Blick über den Sand schweifen zu lassen und Ausschau zu halten nach den schönsten Muscheln. Die mit dem glattgewaschenen Perlmutt. Eine möglichst intakte Wellhornschnecke oder eine Herzmuschel mit besonders hübscher blauer Zeichnung. Wie gut es tut, mich ganz ins Muscheln sammeln zu vertiefen! In eine Sache, die keinerlei Nutzen hat, wenn ich es einmal nüchtern betrachte. Da hat keiner was von. Ich liebe es nur einfach. Aus jedem Strandurlaub bringe ich eine kleine Muschelsammlung mit nach Hause. Kleine Kostbarkeiten. Sie liegen im Regal, in der Fensterbank, in einem Windlicht mit Kerze. Sie bringen ein wenig Urlaubsgefühl in meinen Alltag, meine Muscheln.

Genau genommen sind es nicht die Muscheln selbst, sondern ihre Schale. In ihr findet die Muschel Schutz vor Raubfischen und Krebsen und Vögeln. Denn nicht nur im Restaurant gelten Muscheln als Delikatesse… Also zieht das Muscheltier sich zurück und findet Schutz in seiner Schale – eine gute Abgrenzungsstrategie! Schutz und Schönheit gehen bei der Muschel Hand in Hand. Denn in der Innenseite der Muschelschale verbergen sich oft zart schillernde Farben und manchmal versteckt sich dort sogar eine Perle. Ein Himmelreich für eine Perle!

Die Bibel erzählt, dass Jesus einmal zu seinen Freund:innen sagt: "Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann, der auf der Suche nach schönen Perlen war. Er entdeckte eine besonders wertvolle Perle. Da ging er los und verkaufte alles, was er hatte. Dann kaufte er diese eine Perle." (Mt 13,45-46). Ich habe noch nie eine Muschel mit einer Perle darin gefunden. Aber meine Muscheln ohne Perlen sind mir auch Perlen. Erinnerungsperlen. Weil sie mich erinnern an das mich-selbst-Vergessen beim Muscheln sammeln. An Sand und Salz und Sonne und Meeresbrise. An Freiheit und Geborgenheit, Schönheit und an das Gefühl, für immer Zeit zu haben, um die schönste Muschel am ganzen Strand zu entdecken. Ein Hauch von Unendlichkeit, ja, von Ewigkeit liegt in der Luft. Für diese Erinnerungsperle würde ich einiges hergeben! Außer meinen Muscheln natürlich, denn sie halten diese Erinnerung schließlich wach.

Autor/Autorin

  • Wibke Winter

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