Die Morgenandacht Sommerregen

Wibke Winkler
Wibke Winkler

Die Morgenandacht Sommerregen

Wasser kann Lebenselixier und lebensbedrohlich zugleich sein. Pastorin Wibke Winkler erlebt beide Seiten nach einem heftigen Sturzregen. Und sie erkennt, dass in manchem Chaos Leben steckt.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Wochenlang war es trocken. Es war so trocken, dass das Gras im Garten unter meinen Füßen geknistert hat. Und dann war Regen angekündigt. Viel Regen. Ich habe an diesem Abend draußen gesessen und gewartet. Auf die ersten Tropfen. Sorgenvoll habe ich in den Himmel geschaut. Denn einerseits fürchtete ich, dass der Regen den Weg zu uns nicht findet, sondern nordwestlich an uns vorbeizieht. Und andererseits hatte ich Sorge vor einem Starkregen. Der könnte alles überfluten und Schaden anrichten. Er könnte im trockenen Boden gar nicht versickern.

Dunkle Wolken bedeckten den Himmel, in der Ferne war Donnergrollen zu hören und hin und wieder huschte ein Wetterleuchten über den Himmel. Endlich spürte ich den ersten Regentropfen auf meiner Haut. Und dann kam das Prasseln. Wie hatte ich dieses Geräusch vermisst! Der Regen war da. Energisch wusch er den Staub der vergangenen Wochen von den Blättern – und mir von der Seele. Am liebsten hätte ich getanzt vor lauter Freude und Erleichterung. Manchmal braucht es ein reinigendes Gewitter. Wo alles weggespült wird, der ganze Staub und Schmutz. Wo Mensch und Natur auftanken können. Ein Neuanfang. Ich erlebe das auch in meinen Beziehungen. Wenn Verstimmungen sich ansammeln und sich wie feiner Staub über alles drüber legen. Unter so einer Staubschicht fällt einfach das Atmen schwer. Ja, es braucht manchmal ein reinigendes Gewitter. Und zugleich kenne ich die Sorge, dass eine Beziehung Schaden nimmt, wenn die Spannungen sich entladen. Es ist ein schmaler Grat. Wie mit dem Sommerregen.

Am Tag nach dem Regen stand auf der Arbeit das Wasser im Keller. Ausgerechnet in einem Raum, in dem wichtige Akten lagern! Stundenlang haben wir Wasser geschippt. Eimerweise haben wir es rausgetragen. Und einiges muss nun erneuert werden. Es ist eine erzwungene Erneuerung. Viele Akten müssen durchgesehen und auf Schäden überprüft werden. Ganz zu schweigen von den Elektrogeräten… Das ist einiges an Arbeit. Den Schaden können wir noch nicht ganz überblicken. Das Wasser hat uns an einer empfindlichen Stelle erwischt. Und dabei stand es uns ja nur bis zu den Knöcheln und nicht bis zum Hals…

Wasser kann Chaos anrichten. Zerstörung bringen. Zugleich ist alles Leben auf Wasser angewiesen. Wasser erfrischt und belebt. Nach dem Regen bin ich barfuß über den Rasen gelaufen und dabei habe ich mich ein bisschen wie neugeboren gefühlt. Es roch nach frischer Erde. Eine Stelle aus dem Propheten Jesaja kam mir in den Sinn: "Ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.", heißt es da. (Jesaja 43,19) Aus der frischen, beregneten Erde wächst jetzt neues Grün. Ein Neuanfang. Ein geschenkter Neuanfang. Manchmal braucht es einfach ein reinigendes Gewitter.

Autor/Autorin

  • Wibke Winter

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