Die Morgenandacht Sand

Wibke Winkler
Wibke Winkler

Die Morgenandacht Sand

Was Sand und Glauben miteinander zu tun haben entdeckt Pastorin Wibke Winkler mitten im Sommer. Glaube ist nicht weniger hartnäckig als Sand und lässt sich, wie Sand, an den unglaublichsten Stellen finden.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Sand – für mich gehört er zum Sommer wie das Amen zum Gebet. Meine Kinder sind im Sandkastenalter. Der Sand ist bei uns nicht wegzudenken. Er ist hartnäckig. In fast jedem Schuh versteckt sich eine ordentliche Fuhre und wenn wir sie ausschütten und den Schuh ausklopfen, steckt er immer noch irgendwo in den Ritzen. Er schmirgelt förmlich den Fußboden in unserer Garderobe. Der Sand ist überall. Er rieselt aus umgekrempelten Hosenbeinen. In der Duschwanne bleibt auch meistens noch etwas zurück. Sogar auf den Fensterbänken finde ich Sand. Manchmal frage ich mich, wie er da hinkommt.

Sand ist hartnäckig – und zugleich so flüchtig. Wenn ich versuche, ihn festzuhalten, zerrinnt er mir zwischen den Fingern. Eine Sandburg ist im Zweifel schneller eingestürzt, als sie verteidigt werden kann gegen heranspringende Kinder oder Wellen. Sand ist unermüdlich und unaufhörlich in Bewegung. Durch den Einfluss von Wind und Wasser verändert er seine Form und seinen Ort. Wie eine Wanderdüne. Immerwährend im Wandel.

Sand ist eigentlich etwas sehr Alltägliches, Schlichtes. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – erinnert er mich an meinen Glauben. Der ist auch hartnäckig. Ich weiß nicht mehr wie er in mein Leben gerieselt ist, aber ich bekomme ihn da nicht mehr raus. Selbst wenn ich es versuchen würde. Und im Gegensatz zum Sand in den Schuhen meiner Kinder will ich meinen Glauben auch gar nicht loswerden. Ich bin dankbar, dass er da ist. In meinem Glück, in meinen Sorgen, in meinem Ärger, in der Not und in der Freude finde ich meinen Glauben. Überall hinterlässt er seine Spuren. Aber wenn ich versuche, ihn zu erklären, zu messen, zu wiegen…

Dann komme ich früher oder später an einen Punkt, wo er sich entzieht, mir durch die Finger rinnt und ich kann ihn nicht greifen. Und manch ein Glaubensgebäude, das ich einmal mit Kinderhänden gebaut habe, hat auch den Gezeiten meines Lebens nicht standgehalten. Die Flut ist darüber hinweggegangen, hat seine Form verändert. Mein Glaube ist unermüdlich und unaufhörlich in Bewegung. Er passt sich meinem Leben an und hinterlässt Spuren in ihm. Hoffnungsspuren. Manchmal bin ich selbst erstaunt, aus welchen Ritzen sie zum Vorschein kommen. Wie der Sand im Sommer ist der Glaube in meinem Leben: nicht wegzudenken!

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