Die Morgenandacht Das skeptische Jesuskind

Wolkenhimmel, dahinter Lichtstrahl

Die Morgenandacht Das skeptische Jesuskind

Pastorin Ines Bauschke bekommt eine Weihnachtskarte mit einem sehr speziellen Jesuskind in der Krippe. Ganz anders, als man es kennt oder erwartet. Und vielleicht ist das gerade richtig.

Bild: Pixabay

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Es ist nicht mehr lange hin bis Weihnachten, und ich habe schon die ersten Weihnachtskarten bekommen. Eine von ihnen habe ich lange betrachtet, sie zeigt ein Bild des holländischen Malers Jan de Bray aus dem 17. Jahrhundert. So wie dieser holländische Maler das Jesuskind in der Krippe dargestellt hat, so habe ich Jesus noch nie auf einem Bild gesehen. Kein holder Knabe im lockigen Haar, keine heilige Aura, weder Glanz noch Heiligenschein. Da liegt ein ernstes Baby in einer roh gezimmerten Futterkrippe. Es sieht dem Hirten, der vor ihm niederkniet, direkt ins Gesicht. Ein bisschen erschrocken vielleicht, und vor allem skeptisch. Als wollte es sagen: Was bist du denn für einer? Was willst du von mir? Was soll denn das?

Jesus sieht aus wie ein echtes Baby, ein richtiges Menschenkind. Ohne Verklärung, ohne Zauber. Kein Kind, auf das sich die Sehnsucht der Welt richtet, in dieses Kind kann ich nichts hineinlegen an Wünschen und Erwartungen. Dieses Jesuskind lässt sich nicht vereinnahmen für irgendeine Botschaft. Im Gegenteil, es guckt eher eigensinnig.

So manche Eltern machen diese Erfahrung. Während der Schwangerschaft haben sie so viele Hoffnungen und Wünsche an ihr Kind. Träumen davon, wie ihr Kind sein wird, sein soll. Und dann kommt es auf die Welt, stellt diesen Erwartungen seine ganz eigene Persönlichkeit entgegen und seine eigenen Bedürfnisse. Es schreit, es schläft nicht, es ist ganz anders, als die Eltern es sich vorgestellt haben. Es taugt einfach nicht dazu, die Erwartungen und Wünsche der Eltern zu erfüllen. Es macht sein eigenes Programm, und manche Illusion geht dahin. Das hat der Maler mit seinem Bild gut eingefangen. Und gerade damit zeigt dieser Künstler die tatsächliche Menschlichkeit des neugeborenen Jesus. So wie ein Mensch nun einmal ist: anders, eigen, mit einem eigenen Willen ausgestattet, unverwechselbar, nicht gleich einzuordnen, einer, den man erst mal kennenlernen muss. Wie jeden Menschen eigentlich. So wie ich mich also einstellen muss auf diesen eigensinnigen Jesus, wenn ich ihn verstehen will, so geht es mir eigentlich mit jedem anderen Menschen auch. Das möchte ich üben, darauf mehr achten: einen Anderen, eine Andere erst einmal zu sehen, ohne mir allzuschnell eine Meinung zu bilden - und mir dafür Zeit nehmen. Wahrnehmen, wen ich da vor mir habe. Mit allem, was an dieser Person besonders, gar eigen ist. Neugierig sein auf diesen besonderen Menschen. Auf das eigensinnige Jesuskind im Bild des holländischen Malers habe ich mich gern eingelassen. Ich habe etwas Neues gelernt über diesen Jesus. Das hat an lange eingefahrenen Vorstellungen gerüttelt. Dieses Bild gibt mir zu verstehen, was die Menschlichkeit Jesu wirklich bedeutet – nämlich dass sich darin ein besonderer, unverwechselbarer und eigener Mensch zeigt, der wahrgenommen und geachtet werden will. Genau das ist doch der Weg, um auch andere Menschen besser zu verstehen.

Autor/Autorin

  • Ines Bauschke

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