Auf der Bühne In diesem Stück erwachen die Gemälde von Franz Radziwill zum Leben

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Szenenbild aus "Radziwill oder der Riss durch die Zeit" des Oldenburgischen Staatstheaters
Mit raffinierter Technik werden die Kunstwerke von Franz Radziwill zum Leben erweckt. Bild: Stephan Walzl

Franz Radziwill gehört zu den bekanntesten Künstlern unserer Region. Seine Kindheit, Jugend und Studienzeit verbrachte er in Bremen. Ab 1923 lebte er im Künstlerort Dangast. Zum 40. Todesjahr des Malers bringt die Regisseurin und Medienkünstlerin Luise Voigt das Stück "Radziwill oder der Riss durch die Zeit" dessen Leben und Werk in Oldenburg auf die Bühne.

Radziwill war hin und her gerissen zwischen Faszination und Schrecken der Moderne. Ihn begeisterten technische Erfindungen wie die Fliegerei, aber er erlebte auch die Katastrophe zweier Weltkriege. In einem Interview sprach er von einem "Riss". Das greift die Inszenierung auf, indem sie zeigt, dass dieser Riss heute eher noch tiefer ist. Fünf Schauspielerinnen und Schauspieler beklagen Leid und Elend unserer Welt: Flucht, Krieg, Überbevölkerung, Inflation. Dabei tragen sie eigene Texte vor, greifen aber auch auf Hölderlin, Brecht oder Shakespeare zurück.

Großer Maler – heikle Biografie

Szenenbild aus "Radziwill oder der Riss durch die Zeit" des Oldenburgischen Staatstheaters.
Szenenbild aus "Radziwill oder der Riss durch die Zeit" des Oldenburgischen Staatstheaters. Bild: Stephan Walzl

Franz Radziwill begeisterte sich anfangs für den Nationalsozialismus. Andererseits galt seine Kunst als entartet. Das Theaterstück setzt sich intensiv und kritisch mit seiner widersprüchlichen Vita auseinander. Radziwill hatte jüdische Freunde und nationalsozialistische Gönner. Das Oldenburgische Staatstheater kann sogar eine eigene Entdeckung beisteuern: Während der Arbeit am Projekt wurde dem Team ein bislang unveröffentlichtes Interview zur Verfügung gestellt. Dieses Tondokument von 1982 enthält antisemitische Aussagen von Radziwill. Es lässt aber auch Zweifel aufkommen, ob der Künstler damals überhaupt noch bei klarem Verstand war. Diese Ambivalenz wird auch auf der Bühne thematisiert.

Spektakuläre Bildwelten

Szenenbild aus "Radziwill oder der Riss durch die Zeit" des Oldenburgischen Staatstheat
Radziwills Werke sind nicht nur zu sehen, sondern werden auch animiert. Bild: Stephan Walzl

Die Regisseurin Luise Voigt ist auch Medienkünstlerin. Sie inszeniert Radziwill und seine Kunst auf der Bühne spektakulär, mit einer ausgefeilten Projektionstechnik. Radziwills Werke werden nicht nur abgebildet, sondern teilweise auch animiert. Auf diese Weise kommt sein magischer Realismus in Bewegung: Wolken ziehen vorbei, Flugzeuge drehen ihre Runden und die Nordsee vor Dangast wogt dazu. Und manchmal werden die gemalten Personen zum Leben auf der Bühne erweckt.

Radziwill auf der Bühne – ein Augenschmaus

Im Stück erfährt man viel über den Künstler und sein Leben. Radziwill wird grandios verkörpert von Thomas Lichtenstein. Die Inszenierung ist eindrucksvoll, hat viele liebevolle Einfälle, oft Witz und meistens großes Tempo. Es gibt Längen im philosophisch-soziologischen Teil, die den Schwung etwas bremsen. "Optisch war der Abend durchgängig ein wahres Fest und das kann ich allen Kulturinteressierten empfehlen – egal ob Theaterfan oder Museumsgänger", sagt unsere Theaterrezensentin Christine Gorny.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 19. Februar 2023, 09:38 Uhr

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