Auf der Bühne Goethes "Faust" als Poetry-Slam-Solo am Theater Bremen

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Das Ensemble des Theaterstücks "Faust"
Mit Goethes "Faust" verabschiedet sich der Schauspieler Siegfried W. Maschek nach 23 Jahren vom Theater Bremen. Bild: Theater Bremen | Jörg Landsberg

Theater pur: So richtig ohne Schnickschnack. Aber auch ohne richtige Handlung und Dialoge. Der großartige Siegfried W. Maschek stand den Großteil dieses kurzen und kurzweiligen Abends in der Mitte der Bühne und trug Passagen aus den beiden Teilen der Faust-Tragödie von Johann Wolfgang von Goethe vor.

Worum geht es?

Das zu skizzieren, würde den Rahmen sprengen, aber wäre da nicht unser Wissen über Goethe und über dieses Werk und über Inszenierungen aus der Vergangenheit – selbst Regisseur Felix Rothenhäusler hat es vor zehn Jahren ganz anders hier in Bremen auf die Bühne gebracht – so hätte man es auch für einen sehr gelungenen Poetry-Slam-Abend halten können. Ein Gedanke, der mir auch am Morgen danach noch sehr gefällt: Goethes "Faust" eignet sich vorzüglich für eine solche Darbietung. An jeder Ecke reimen sich die Worte, ein tieferer Sinn ist auch immer wieder zu erkennen und mit den gelungen komponierten Worten von Goethe stellt sich die Frage, warum er diese Form des Vortrags nicht erfunden hat.

Was gab es zu sehen?

Das Ensemble des Theaterstücks "Faust"
Der Schauspieler Siegfried W. Maschek trug Passagen aus den beiden Teilen der Faust-Tragödie von Goethe vor. Bild: Theater Bremen | Jörg Landsberg

Man hätte es auf den ersten Blick für einen Monolog halten können, ein Vorsprechen für eine Rolle. Aber Goethe, Faust, Maschek und Rothenhäusler sind und können so viel mehr und haben es direkt und indirekt bei der Premiere im Kleinen Haus des Theaters Bremen unter Beweis gestellt. Drumherum gab es ein wenig Theater, einige Masken, immer mal wieder etwas Musik, dichten Nebel, leisen rieselnden Schnee… und eine Mondsichel, die wieder und wieder den Gang der Zeit unterstrich, wofür sie am hinteren Rand immer wieder auf die Bühne und auch wieder herunter geschoben wurde. Auch wenn das jetzt vielleicht nach einem Minimum an theatralischen Mitteln klingt: Ich habe Rothenhäusler bereits minimalistischer erlebt. Denn es kommt ja auf das an, was rüberkommt. Und das war ganz großes Theater!

Wer sollte die Inszenierung nicht verpassen?

Wer den Faust noch nie gelesen oder gesehen hat, wird verlässlich alle paar Minuten von Worten und Sätzen überrascht, die man schon mal irgendwo gehört hat. Wer sich etwas besser auskennt, hatte die lustige Aufgabe, diese bekannten Worte und Sätze dem Original zuzuordnen. Denn Faust I und Faust II in einer Stunde und guten 15 Minuten – das ist schon eine Leistung! Insbesondere wenn man nicht das Gefühl hat, dass diesem großen Werk Unrecht angetan wurde. Im Gegenteil!

Was sagt unser Kritiker?

Das Ensemble des Theaterstücks "Faust"
Theaterszene aus "Faust" mit Siegfried W. Maschek in einer Inszenierung von Felix Rothenhäusler. Bild: Theater Bremen | Jörg Landsberg

Das Publikum schien vorbereitet und hing sozusagen an den Lippen von Siegfried W. Maschek und dankte ihm mit sehr, sehr langem Beifall am Schluss für einen einmaligen Theaterabend, der zum Glück bis zum Ende dieser Spielzeit noch drei Mal zu sehen sein wird – und leider danach nicht wiederaufgenommen wird. Maschek verlässt das Ensemble im Sommer mit 67 Jahren, 23 davon am Theater Bremen, wird aber als Gast auch in der nächsten Rothenhäusler-Inszenierung am Theater Bremen im Herbst zu sehen sein.

Ich hätte meinen Abend nicht anders verbringen wollen und ich sage es mit Blick auf die sehr vereinzelt leeren Plätze der seit langem ausverkauften Premiere: Diejenigen, die sich von der warmen Luft und dem trockenen Wetter spontan vom Besuch des Theaters haben abhalten lassen, haben etwas verpasst, was sich so nicht wiederholen lässt, denn es gibt immer nur eine Premiere und diese wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 18. Mai 2024, 08:40 Uhr

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Der Samstagmorgen mit Katrin Krämer

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