Auf der Bühne "Das achte Leben" – überwältigend in jeder Hinsicht

Autorin

Szene aus "Das achte Leben" am Theater Bremen
Alize Zandwijk inszenierte das fünf Generationen umspannende Epos voller Geschichten und Geschichte nach dem Roman von Nino Haratischwili. Bild: Jörg Landsberg

Im Einklang mit dem Weltgeschehen hat das Theater Bremen in dieser Spielzeit einen Schwerpunkt auf Osteuropa gesetzt. Am 11. Februar hatte "Das achte Leben" nach dem gleichnamigen Roman der deutsch-georgischen Schriftstellerin Nino Haratischwili Premiere. Der Roman ist fast 1.300 Seiten lang. Auch für die Bühnenfassung ist Ausdauer gefordert: über vier Stunden dauerte der Theaterabend im Großen Haus am Goetheplatz.

Nino Haratischwili stammt aus Georgien und in ihrem Roman "Das achte Leben" beschreibt sie acht Lebenswege einer georgischen Familie. Die Handlung erstreckt sich über ein gesamtes Jahrhundert. Regisseurin Alize Zandwijk hat den umfangreichen Stoff zu einem Konzentrat verdichtet. Gegeben wurde eine textliche Bühnenfassung, mit der sich bereits das Thalia Theater in Hamburg an den Roman gewagt hatte.

Szene aus "Das achte Leben" am Theater Bremen
Theaterszene mit Karin Enzler als Elene Jaschi. Bild: Jörg Landsberg

Wie im Roman beschreibt die Haupterzählerin Niza das Schicksal der Familie Jaschi über fünf Generationen. Aber auch die übrigen neun Schauspielenden wechseln immer wieder zwischen Darstellung und Erzählung. Das Publikum klettert mit ihnen gewissermaßen den Stammbaum der Jaschis hoch, der von den Stürmen des 20. Jahrhunderts kräftig durchgeschüttelt wird: russische Revolution, stalinistischer Terror, zwei Weltkriege, Unabhängigkeitskampf und Bürgerkrieg. Ein Jahrhundert, das, wie es bei Haratischwili heißt, "alle betrogen und hintergangen hat, die hofften". Das gilt auch für die Familie Jaschi: Selbst wenn man linientreuer Kommunist ist oder mit der Macht ins Bett geht, schützt das nicht vor Katastrophen wie Zwangsabtreibung, Lagerhaft und Ausweisung.

Die Szenerie auf der Bühne

Szene aus "Das achte Leben" am Theater Bremen
Alle Kostüme – ob Jeans, Uniform oder Blümchenkleid – waren mit kleinen blutroten Mustern bestickt, die an die georgische Nationalflagge erinnern. Links: Shirin Eissa, rechts: Karin Enzler. Bild: Jörg Landsberg

Links am Bühnenrand befand sich der Musiker Matti Weber mit seinen Instrumenten, rechts ein kleines weißes Zelt, auf dem Schattenspiele zu sehen waren. Hinten an der Wand eine Reihe von Schminktischen wie in Theatergarderoben, wo die Schauspielenden saßen, wenn sie nicht gerade agierten. Darüber eine große Projektionsfläche, um Orientierungen wie Ortsnamen, Jahreszahlen und Symbole einzublenden oder Landschaftszeichnungen abrollen zu lassen. Bei Szenenwechseln wurden Tische, Stühle oder Betten bewegt. Und vor allem Teppiche. Denn im Roman ist der Teppich eine wichtige Metapher: "Teppiche sind aus Geschichten gewoben", heißt es da.

Vier Stunden – ein intensives Theater-Erlebnis

Szene aus "Das achte Leben" am Theater Bremen
Theaterszene aus "Das achte Leben" am Theater Bremen. Bild: Jörg Landsberg

Das Publikum hat – bis auf wenige Ausnahmen – durchgehalten und am Ende gab es Standing Ovations. Die Bühnenfassung kommt härter rüber als den Roman. Dessen Handlung wird in der Inszenierung von Alize Zandwijk extrem verdichtet, um alles nachzuerzählen. Katastrophe folgt auf Katastrophe und permanent wallen die Emotionen auf. Aufgelockert wird das immerhin von Bühnenzauber im Wortsinn, von witzigen Regieeinfällen und von stimmiger Musik. Das Ensemble hat überwiegend überzeugt. Allen voran Shirin Eissa, Guido Gallmann und Ferdinand Lehmann. Und wer nicht den Anspruch hat, genauso vertraut zu werden mit der georgischen Familie Jaschi wie der Roman das leisten kann, der oder die erlebt einen intensiven, wenn auch anstrengenden Theaterabend. Denn es ist ein Kraftakt für alle Seiten.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 12. Februar 2023, 09:38 Uhr

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