Auf der Bühne "Amsterdam" – ein Stück über Herkunft, Geschichte und Gegenwart

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Schauspiel-Premiere AMSTERDAM am Oldenburgischen Staatstheater
Szene aus dem Stück "Amsterdam" von Maya Arad Yasur. Bild: Stephan Walzl

Selten waren die Schauspiel-Spielpläne im Theaterdreieck Bremen-Bremerhaven-Oldenburg so unterschiedlich, wie in der laufenden Saison. Während sich in Bremen viele Romanvorlagen hinter den Titeln verbergen und man in Bremerhaven zurzeit bereits beim Titel weiß, woran man ist, gibt es am Oldenburgischen Staatstheater auch immer wieder mal eine Überraschung auf der Bühne. Jetzt hatte das Stück "Amsterdam" der israelischen Theaterautorin Maya Arad Yasur Premiere im Kleinen Haus in Oldenburg.

Schauspiel-Premiere AMSTERDAM am Oldenburgischen Staatstheater
"Amsterdam", inszeniert von Ebru Tartıcı Borchers ist am Oldenburgischen Staatstheater zu sehen. Bild: Stephan Walzl

Es geht um eine Gasrechnung aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, die im heutigen Amsterdam der Mieterin einer Wohnung zugestellt wird. Aber weder sie, noch ihre Vorfahren haben damals dort gelebt. Das Ensemble erzählt die Geschichte der jungen Musikerin und Komponistin, die jetzt in dieser Wohnung lebt. Es geht um ihre Herkunft, sie kommt aus Israel, um ihren Alltag in der Fremde, um Stereotypen, um rassistische Anfeindungen damals und heute, sowie um Recht und Unrecht. Die Geschichten werden parallel erzählt, mal strukturiert, mal chaotisch durcheinander und sie sind alle miteinander verbunden. Dass der Grund für die Gasrechnung am Ende – vergleichsweise – banal erklärt wird, zeigt wie genial die Idee hinter diesem Stück der Autorin Maya Arad Yasur ist und wie passend die Inszenierung der in der Türkei geborenen Regisseurin Ebru Tartici Borchers ist.

Mit viel künstlerischer Freiheit

Maya Arad Yasur hat in Amsterdam studiert und gelebt, diese Erfahrungen und Alltagserinnerungen flankieren und prägen das Stück. Die großartig ein- und umgesetzte künstlerische Freiheit, die sie sich nimmt, lässt auch offen rassistische und beleidigende Äußerungen zu, die für den Hauch einer Sekunde aufschrecken, dann aber umso mehr die dramatische Realität dieser Geschichte unterstreichen. Hier vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit auf erschreckend realistische Art und Weise.

Schauspiel-Premiere AMSTERDAM am Oldenburgischen Staatstheater
Theaterszene mit sechs Darstellenden. Bild: Stephan Walzl

Sechs Schauspielerinnen und Schauspieler, unterstützt durch einen sehr vielseitigen Musiker auf der Bühne, erzählen die Geschichten. So werden unterschiedliche – oder vielleicht eher unscharfe – Erinnerungen zu einer Geschichte, in der auch Widersprüche hinterfragt werden. Es geht also um die gekonnt aufgearbeitete Erzählung dieser Geschichte und nicht um eine Handlung, der man folgen kann. Das ist in Deutschland eine eher ungewöhnliche Form des Theaters.

90 spannende Theaterminuten

Ein Volltreffer zu dem neben Autorin, Regisseurin und Ensemble auch alle anderen künstlerisch beteiligten Personen beigetragen haben. Das Publikum war auf jeden Fall bei der Sache und verfolgte das Geschehen auf der Bühne in einer Mischung aus Interesse und Spannung auf das, was als nächstes erzählt wird. Am Ende gab es langen Beifall.

"Das Stück ist mein bisheriger Höhepunkt der laufenden Theaterspielzeit und ich finde, dass man es sich auf jeden Fall anschauen sollte. In anderen Ländern, nicht zuletzt auch in Großbritannien, werden Themen auf der Bühne oft in dieser Form erzählt, in Deutschland ist es eher die Ausnahme und auch deshalb sehr willkommen", meint unser Theaterkritiker Marcus Behrens.

Weitere Aufführungen:
"Amsterdam" am Oldenburgischen Staatstheater läuft am 8., 17. und 28. Dezember jeweils um 20 Uhr sowie am 8. Januar 2023 um 18 Uhr, und am 21. und 27. Januar um 20 Uhr.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 19. November 2022, 07:40 Uhr

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