Auf der Bühne Zwei Schwestern, zwei Stücke – Theaterabend mit Antigone und Ismene

Autorin

Bühnenszene des Theaterstücks "Antigone, Schwester von" am Oldenburgischen Staatstheater
Theaterszene aus "Antigone, Schwester von" am Oldenburgischen Staatstheater mit Andreas Spaniol (Teiresias) und Ensemble. Bild: Stephan Walzl

Zunächst wurde die griechische Tragödie "Antigone" gezeigt. Allerdings nicht in der ursprünglichen Fassung von Sophokles, sondern in zeitgemäße Sprache übersetzt von Roland Schimmelpfennig. Es folgte "Schwester von" — ein Monolog von der niederländischen Dramatikerin Lot Vekemans. Darin kommt Ismene, die Schwester der berühmten Antigone, zu Wort.

Worum geht es?

Die Schwestern Antigone und Ismene sind aus der Ehe des Ödipus mit seiner Mutter Iokaste hervorgegangen. Ihre beiden Brüder haben sich bei der Schlacht um Thebens Thron gegenseitig getötet. Nun ist Antigones Onkel Kreon König der Stadt Theben. Für ihn ist einer der Brüder ein Vaterlandsverräter, der darum nicht beerdigt werden darf. Antigone bestattet ihren Bruder trotzdem und gehorcht damit den Göttern mehr als dem Herrscher Thebens. Dafür soll sie bei lebendigem Leib eingemauert werden, so Kreons Urteil. Antigones Verlobter Haimon, Kreons Sohn, tötet sich aus Kummer darüber selbst.

Übrig bleibt Ismene, Antigones Schwester, die Antigone gewarnt hatte, sich nicht mit dem König anzulegen. In dem anschließenden Monolog "Schwester von" beschreibt Ismene ihre Rolle als Mauerblümchen und einziger Normalo in einer durchgeknallten Familie. Allzu viele Neues erfährt das Publikum allerdings nicht. Ismene wirkt am Ende ihres Monologes eher ratlos.

Was gab es zu sehen?

Bühnenszene des Theaterstücks "Antigone, Schwester von" am Oldenburgischen Staatstheater
Theaterszene aus "Antigone, Schwester von" am Oldenburgischen Staatstheater, hier mit Darios Vaysi (Bote / Wärter), Anna Seeberger (Antigone). Bild: Stephan Walzl

Auf der Bühne herrschte eine klassische Ästhetik: Ein Forum aus Quadern, Stufen und Podesten in Grau, die in unterschiedliche Höhen ausgefahren wurden. Von oben senkten sich ab und an Wandelemente herab. Im Hintergrund dramatisch angeleuchteter Nebel. Die Darstellenden sahen aus wie antike Marmorstatuen in ihren Toga-ähnlichen Gewändern und mit ihren Flechtfrisuren. Insgesamt eine statische Szenerie. Ab und zu gab es tänzerische Elemente zu einem düsteren Sounddesign.

Was sagt unsere Kritikerin?

Die Inszenierung von "Antigone" kam schon fast klischeehaft als klassische Tragödie daher. Wenn man mal von der nicht genderkonformen Besetzung absieht: Kreon und sein Sohn Haimon wurden von Frauen dargestellt und Ismene von Tobias Schormann.

Bühnenszene des Theaterstücks "Antigone, Schwester von" am Oldenburgischen Staatstheater
Szene aus "Antigone/Schwester von" mit Caroline Nagel (Kreon), Andreas Staniol (Teiresias), beide vorderste Reihe, Ensemble Bild: Stephan Walzl

Die Bearbeitung von Roland Schimmelpfennig hat das Stück sprachlich gut zugänglich gemacht. Bis dahin war der Abend für mich in Ordnung. Aber die Kombination mit dem anschließenden Monolog der Schwester funktioniert überhaupt nicht. Das zweite Stück kann an das Niveau des Klassikers nicht anschließen, was nicht am Darsteller liegt. Das Stück "Schwester von" bietet einfach nicht genug Neues: Weder fügt es eine originelle Sichtweise dazu, noch entwickelt es den ethischen Konflikt aus Antigone weiter oder leistet zumindest eine Aktualisierung. Stattdessen wird nacherzählt, was wir kurz vorher gesehen haben. Vielleicht wollte die Regisseurin Ebru Tartıcı Borchers mit ihrer Inszenierung erreichen, dass auch die Letzten den Konflikt zwischen Machtanmaßung und übergeordneter Moral begreifen. Doppelt genäht hält angeblich besser, aber es kann auch sehr ermüden.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 22. September 2024, 09:36 Uhr

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