Neue Alben Nichts Typisches an dieser Musik

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Er ist immer sonntags ins Studio, um einen Song aufzunehmen, den er die Woche zuvor geschrieben hatte: Daher nennt Andrew Combs sein neues Album "Sundays". Und Tim Burgess' "Typical music" ist ein durch und durch überraschendes Werk geworden: Beide Musiker brechen mit ihren eigentliche Musikstilen. Die Alben der Woche präsentiert von Simon Brauer und Harald Mönkedieck.

1 Musik enstanden aus dem Bedürfnis nach Neubeginn

Andrew Combs
Andrew Combs will mit seiner Musik auch anderen Hoffnung vermitteln. Bild: Alysse Gafkjen

Andrew Combs zählt zur Riege junger Singer-Songwriter aus der alternativen Szene von Nashville. Seine bislang vier Alben wiesen ihn zunächst als Experten für Americana-Wohlklang aus und brachten ihm Erfolg mit Millionen von Streams und Auftritten in den angesagtesten Clubs. Dann kam ein Ausflug in Indiepop-Welten, danach die Krise der Pandemie. Sie hinterließ tiefe Spuren durchaus schwerwiegender Art bei Andrew Combs. Sein neues Album heißt "Sundays".

Wie klingt‘s?

Nach einem Nervenzusammenbruch Ende 2020, fand in Texas geborene Andrew Combs nur allmählich zurück in die Kreativität. Immer sonntags ging er mit einigen wenigen Mitstreitern ins Studio, um einen Song aufzunehmen, den er die Woche zuvor geschrieben hatte. Daher der Albumtitel "Sundays". Die Musik darauf klingt wie ein introvertierter Schwarzweiß-Film. Aufgenommen in lupenreinem Mono, mit einheitlichem Klangbild aus E-Gitarre, Schlagzeug, Bass und einigen Holzbläsern. Im Vordergrund jedoch die hohe Tenor-Stimme des Songwriters. Alles klingt minimalistisch und sehr selbst-reflektiv. Es ist Musik entstanden aus einem Bedürfnis nach Innehalten und Neubeginn, auf der Suche nach einem Weg der Erlösung. Combs erklärtes Ziel ist es, Hoffnung auch für andere zu vermitteln.

Warum hören?

Mentale Gesundheitsprobleme sind heute zum Glück nicht mehr solch ein Tabu in der Musikwelt wie zu Zeiten eines Nick Drake vor 50 Jahren. Auch Andrew Combs scheut sich nicht, seine Problematik öffentlich zu machen. Seine neuen Songs kommen aus einem inneren Tumult. Sein neues Album ist konzeptionell streng, von Anfang bis Ende und gänzlich unbelastet von Pop-Konventionen. So klingt "Sundays" eher nach Avantgarde als Americana.  

Cover: Andrew Combs, Sundays, Loose Music (Rough Trade)

Andrew Combs: "Sundays"

Andrew Combs zählt zur Riege junger Singer-Songwriter. Die Musik seines neuen Albums klingt wie ein introvertierter Schwarzweiß-Film.

Bild: Loose Music (Rough Trade)

2 Musik um mit einem knallbunten Raumschiff dem grauen Alltag zu entfliehen

Tim Burgess
Tim Burgess ist ein in unruhiger Geist mit unerschöpflichem Output. Bild: Bella Union

Dass Tim Burgess musikalisch machen kann, was er will, hat er unter anderem dem langjährigen Erfolg seiner Hauptband "The Charlatans" zu verdanken. Die gehörten in den 90er Jahren zu den großen Namen der Britpop-Welle, die von England aus über die ganze Welt schwappte. Die Charlatans waren nie so groß wie Blur oder Oasis, hatten aber immerhin drei Nummer-1-Alben in England und sind – im Gegensatz zu Blur und Oasis – immer noch aktiv. Weil Sänger und Songschreiber Tim Burgess aber ein unruhiger Geist mit unerschöpflichem Output ist, muss eben zwischendurch immer mal ein Soloalbum her. Sein neuestes Werk trägt den Titel "Typical music".

Wie klingt‘s?

22 Songs, eineinhalb Stunden Musik. Tim Burgess hat sich wahrlich nicht zurückgehalten mit den Ideen für sein neues Album. Und typisch ist an seiner Musik auch nichts: Es geht von straighten Britpop über funky Elektrospielereien bis ins Verdreht-Psychedelische. Im Studio wurde jede Songidee so behandelt, als ob es die beste wäre, erinnert sich Burgess. Aufgenommen hat er "Typical music" auf einem abgeschiedenen Bauernhof in Wales – und zwar nicht mit großer Band, sondern nur mit zwei befreundeten Multiinstrumentalisten.

Warum hören?

"Typical music" ist ein durch und durch überraschendes Meisterwerk geworden. Alle 22 Songs überzeugen, keiner klingt irgendwie nach Füllmaterial. Burgess klingt mit seinen 55 Jahren immer noch so jungenhaft und unendlich optimistisch. "Typical Music" – ein wunderbares Album, um wie in einem knallbunten Raumschiff dem grauen und traurigen Alltag zu entfliehen.

Cover: Tim Burgess, Typical Music, Pias/Bella Union (Rough Trade)

Tim Burgess: "Typical Music"

Sänger und Songschreiber Tim Burgess ist ein unruhiger Geist mit unerschöpflichem Output. Sein neues Doppelalbum ist durch und durch ein überraschendes Meisterwerk.

Bild: Pias/Bella Union (Rough Trade)

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 20. September 2022, 09:40 Uhr

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