Auf der Bühne Spiel mit der Realität – die Shakespeare Company zeigt "Don Quijote"

Premiere im Theater am Leibnizplatz in Bremen

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Szene aus Don Quijote an der Bremer Shakespeare Company
Szene aus der Premiere "Don Quijote" von der Bremer Shakespeare Company. Bild: Marianne Menke

Mit "Don Quijote de la Mancha" von Miguel de Cervantes bringt die Bremer Shakespeare Company einen spanischen Klassiker auf die Bühne. Regisseur Jörg Steinberg hat für die Bremer Fassung eine unterhaltsame und abwechslungsreiche Form gefunden.

Miguel Cervantes hat sich in seinem Roman lustig gemacht über die Ritterromane, die damals groß in Mode waren. Eine Mediensatire sozusagen, durchaus mit Kritik an der damaligen Gesellschaft. Es ist aber auch ein Spiel mit dem Verständnis von Realität. Im Zentrum steht das ungleiche Paar, Don Quijote, Träumer und Idealist, und sein gefräßiger und pragmatischer Begleiter Sancho Panza, ein grober Realist.

Szene aus Don Quijote an der Bremer Shakespeare Company
Auf der Bühne ging es abwechslungsreich zu. Bild: Marianne Menke

Die Geschichte sei heute noch relevant, sagt Regisseur Jörg Steinberg: "Wenn wir jedes einzelne Abenteuer von Don Quijote abklopfen, merken wir, wie viel es mit der Gesellschaft und dem Zusammenleben verschiedener Menschen zu tun hat. Und das wird auch die Arbeit vom Zuschauer sein, was hat das mit uns heute zu tun." Hier macht die Inszenierung Angebote für Assoziationen. Manches ist dagegen ziemlich plakativ, etwa wenn der misshandelte Knecht von damals zur Billiglohnkraft einer Putzkolonne von heute wird. An anderer Stelle geht es um alternative Fakten: Ist Don Quichotes goldener Helm tatsächlich ein Helm oder nur eine profane Schale aus einem Barber-shop? In diesen Streit wird auch das Publikum mit manipulativen Fragen verwickelt.

Die Bremer Bühnenfassung verbindet die alte Zeit mit der heutigen. Don Quijote und Sancho Pansa sind aus der Zeit gefallen und treten in historischen Kostümen auf: Ritteroutfit beim einen, Strohhut und Schlotterhosen beim anderen. Ihre Mitspieler kommen in Trenchcoat, Leopardenmantel oder Polizeiuniform daher, haben Smartphones dabei und essen Pizza aus dem Karton. Das Ganze spielt in einem sehr nüchternen Ambiente der Gegenwart, mit ein paar Tischen, Bürostühlen und Papierkörben.

Don Quichotes Kampf gegen Windmühlen wird auf der Bühne gegen Ventilatoren verschiedener Größen ausgefochten. Ansonsten werden die Abenteuer von Don Quijote manchmal im Bühnennebel verborgen, als Schattenspiele hinter der Leinwand oder auch als handfeste klamaukige Raufereien inszeniert. Bis der Ritter von der traurigen Gestalt sich am Ende vollkommen lädiert mit blutigem Kopfverband an der Seite seines treuen Begleiters in sein Heimatdorf aufmacht.

Szene aus Don Quijote an der Bremer Shakespeare Company
Erik Rossbander als Don Quijote im Dialog mit Michael Meyer als Sancho Pansa. Bild: Marianne Menke

Unterhaltung mit viel Klamauk

Bis zur Pause hatte das Stück viel Drive, dann verlor die Inszenierung etwas an Tempo. Insgesamt ging es aber sehr abwechslungsreich zu. Und zwar im Wortsinn: Don Quijote wurde abwechselnd von drei der insgesamt fünf Schauspielenden verkörpert. Dadurch hatte er mal eine kraftvolle, mal eine komische und mal eine philosophische Note. Besonders überzeugend war Erik Roßbanders Part – verrückt und entrückt und mit reizendem S-fehler, nachdem er bei einem Kampf Backenzähne verloren hatte. Auch Michael Meyer als Sancho Pansa spielt seine Figur beeindruckend mit Witz und Herz. Insgesamt eine Inszenierung, die manchmal etwas zu klamaukig war, aber auch ruhige, melancholische Momente hatte. Es lohnt sich, diesen skurrilen Idealisten Don Quijote zu beobachten, wie er durch Wirklichkeitsverzerrung eine bessere Realität schaffen will.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 15. Oktober 2022, 08:20 Uhr

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