Die Morgenandacht Vorstellungskraft

Heinrich Deboi
Heinrich Deboi

Die Morgenandacht Vorstellungskraft

Der Beatles-Song "Imagine" ist nach Ansicht von Heinrich Deboi ein Gebet darum, dass die Menschen alle in Frieden mit sich und Gott leben.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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"Imagine" – nur dieses eine Wort ist eingelassen in eine zwei Meter große Bodenplatte im New Yorker Central Park. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite fiel John Lennon im Alter von 40 Jahren einem Attentat zum Opfer. Seine Witwe Yoko Ono sagte: "Er hat die Menschheit geliebt und für sie gebetet. Bitte tut dasselbe für ihn." Lennons Anziehungskraft beschränkte sich nicht auf die Musik, er wurde eine Ikone für den Frieden. Sein Lied "Imagine" verleiht der Trauer der Menschen Worte und gibt ihnen den Mut, sich nicht unterkriegen zu lassen. So wurde es nach Anschlägen auf das World Trade Center, dem Berliner Weihnachtsmarkt und dem Pariser Konzertsaal Bataclan immer wieder gesungen. Die Worte sind allerdings irritierend: „Stell dir vor, es gibt keinen Himmel und auch keine Religion“. Wie passt das zusammen – ein Lied, das alle Menschen auf der ganzen Welt im Frieden vereinen will und das andererseits sagt: "Ihr, die ihr an Gott glaubt, euch wollen wir nicht"? 

John Lennon bezeichnete in einem Magazin 1980 sein Lied "Imagine" als ein Manifest, das von einer Welt ohne Besitz, Gier und Hunger träumt, wo jeder alles teilt. Er entwickelt die Vorstellungskraft für ein Ideal, das mit der heutigen Welt nichts zu tun hat. Für ein politisches Kampflied wären die verträumten Klavierklänge und die schlichte Melodie außerdem nicht geeignet.

John Lennon wuchs in einem religiösen Elternhaus auf, im Teenager-Alter kam die Entfremdung von der Kirche; er wurde sogar aus der Kirche hinausgeworfen, weil er während der Messe gekichert hatte. Daher nannte er die Kirche "spießig". Dennoch bezeichnete er sich als größten Fan von Jesus. Die Beatles haben immer auf der Seite Jesu gestanden, aber nicht auf der Seite der Religion. Ein christliches Gebetbuch inspirierte Lennon dazu, aus "Imagine" ein Gebet über eine Welt zu machen, die ohne Grenzen, Krieg und ohne autoritäre Religion auskommt. Er wünscht sich nur eine Religion, die nicht sagt: "Mein Gott ist besser als deiner"; also eine Religion, die nicht spaltet und damit Leid in die Welt bringt.

Somit ist "Imagine" also doch kein Manifest gegen den Glauben. Es ist nur ein Gebet darum, dass die Menschen alle in Frieden mit sich und ihrem Gott leben.

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