Die Morgenandacht Ringen um den Auftrag

Andrea Grote
Andrea Grote

Die Morgenandacht Ringen um den Auftrag

Eine geistliche Gemeinschaft, die mit Obdachlosen unter einem Dach wohnt – das hat Gemeindereferentin Andrea Grote sehr beeindruckt.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Die Gemeinschaft Papst Johannes XXIII. ist bei uns zu Besuch. Gestern habe ich schon kurz und gut von ihnen erzählt. Heute muss ich noch mehr erzählen, denn es gab so viel, was sie mir zum Nachdenken mitgegeben haben. Die Gemeinschaft kümmert sich um Bedürftige. Sie wohnen und leben in sogenannten Familienhäusern oder Bethlehem-Hütten. In den Familienhäusern werden Menschen eine Zeit lang aufgenommen und sie leben dort als ganz normale Familienmitglieder mit. Als Familienmitglieder, die beim Kochen helfen, die aufräumen und die ab und an die Spülmaschine ausräumen. Die Familien sind bunt. Nicht nur Kinder werden aufgenommen, sondern auch Erwachsene, die einfach aus dem Gewohntem herausmüssen.

In der Bethlehem-Hütte werden Obdachlose aufgenommen, die nach einer Herberge suchen. Die Herbergssuche kennen Sie aus der Weihnachtsgeschichte, deshalb Bethlehemhütte. Die Obdachlosen werden in der Bethlehemhütte aufgenommen für eine, zwei oder mehrere Nächte. Aber sie bekommen nicht nur ein Bett, sondern gleich den Familienanschluss mit. Denn sie wohnen und schlafen mit den Mitgliedern der Gemeinschaft unter einem Dach. Damit wird deutlich: Ihr gehört zu uns. Ihr seid uns wichtig. Die Gäste aus ganz Europa haben während ihres Besuches erzählt, warum sie diese Lebensform leben: Es ist für sie ein christlicher Auftrag. Weil sie daran glauben, dass sie mit jeder Aufnahme eines Bedürftigen Jesus selbst aufnehmen. Die Geschichte finden wir schon in der Bibel.

Mich hat interessiert, wie das Miteinander funktioniert. Einer unserer Gäste sagte: "Wir alle handeln aus christlicher Motivation. Wir glauben alle an Gott." Theologisch, so erklärte sie, sind die Mitglieder aber längst nicht immer einer Meinung. Auch sie streiten miteinander und ringen darum, wie sie ihren Auftrag erfüllen können. Da geht es richtig zur Sache. Am Ende finden alle aber immer wieder zusammen. Weil sie sich dieselbe Aufgabe vorgenommen haben. "Unsere Aufgabe", so erklärte der Gast, "ist die Sorge um die Bedürftigen, Wohnungslose, Gescheiterte, Kranke, Suchende. Die nehmen wir auf." Und für sie ist die Gemeinschaft Johannes XXIII. eine Gemeinschaft. Und für sie raufen sich alle immer wieder neu zusammen.

Mich lässt dieser Gedanke nicht los. Deshalb nicht, weil auch in unserer Kirchengemeinde ganz unterschiedliche Menschen leben. Die einen glauben dieses, andere finden diese Gebetsform viel wichtiger und wieder andere können mit all dem gar nichts anfangen. Meine Traumgemeinde ist eine, in der es eine große und bunte Vielfalt gibt. Die darf konträr sein, sie muss aber vor allem tolerant und respektvoll sein. Und ich merke fast jeden Tag, wie schwer es ist, für eine so große und bunte Vielfalt zu stehen. Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sie möglich ist. Weil auch ich immer wieder erfahre, dass sich mit einem gemeinsamen Ziel Unterschiede und Widerstände überwinden lassen.


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  • Andrea Grote

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