Im Porträt Kultur für alle: Adelarisa Kedenburg kämpft für inklusive Angebote

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Adelarisa Kedenburg
Adelarisa Kedenburg arbeitet beim Senator für Kultur und sorgt für inklusive Angebote. Bild: Nicole Benewaah

Adelarisa Kedenburg sorgt in Bremen dafür, dass Menschen mit Behinderung an Kultur-Angeboten teilhaben können. Sie betont, dass es in einer diversen Gesellschaft wie unserer noch viel Luft nach oben gebe.

Adelarisa Kedenburg
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Gesprächszeit Kultur ist für Adelarisa Kedenburg kein Nice-to-Have

Adelarisa Kedenburg sorgt in Bremen dafür, dass Menschen mit Behinderungen an Kultur-Angeboten teilhaben können. "Es gibt noch viel Luft nach oben", sagt sie.

Bild: Nicole Benewaah

"Kultur sollte man nicht nur als Nice-to-have ansehen", ist Adelarisa Kedenburg überzeugt. "Arts on Prescription" heißt ein Projekt, das ihr sofort einfällt, wenn sie auf ihre Arbeit angesprochen wird. Im Auftrag des Senators für Kultur fördert die Anfang 50-Jährige inklusive Kulturprojekte in Bremen und bei diesem VHS-Angebot gibt es seit zwei Jahren "Kunst auf Rezept". Menschen, die unter Depressionen, Ängsten oder Einsamkeit leiden, können dank des Projekts kostenlos an Kunstkursen teilnehmen.

Es ist als Menschenrecht verbrieft, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf kulturelle Teilhabe haben.

Adelarisa Kedenburg über ihre Aufgaben beim Senator für Kultur

Bei Museen, Theatern und Veranstaltern sind die Themen Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit inzwischen angekommen, sagt Kedenburg. Ein weiteres Projekt, das sie fördert, heißt "Ischa barrierefrei" und wurde von den Vereinen Musikszene Bremen, Clubverstärker sowie der Breminale und der jazzahead Clubnight initiiert. Ziel der Initiative ist es, dass die Bremer Innenstadt und öffentliche Veranstaltungen für alle Menschen attraktiv werden und künftige Veranstaltungen inklusiver durchgeführt werden. "Es ist als Menschenrecht verbrieft, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf kulturelle Teilhabe haben", erklärt Kedenburg ihre Arbeit.

Auch den leisen Stimmen zuhören

Vernetzungsarbeit macht der Bremerin großen Spaß. Privat engagiert sie sich in der Waller Kunst- und Kulturkneipe "Helga", während sie sich in der Kulturbehörde auch mal um die sprachliche Vereinfachung von Formularen kümmert. Denn nicht immer kommt es auf Rampen für Rollstühle an. Manche Einschränkungen sind nicht sichtbar, so Kedenburg. Ihr ist es auch wichtig, dass den leisen Stimmen in der Gesellschaft zugehört wird und zum Beispiel "Silent Hours" in Museen oder Ausstellungen mitgedacht werden. Diese stillen Stunden ohne Hintergrundbeschallung und mit weniger Besuchern können zum Beispiel neurodivergenten Menschen, denen Musik und Menschenmassen schnell zu viel werden, den Besuch vereinfachen.

Engagiert für die Zukunft

Sie kann auch mal faul sein und das Leben auf sich zukommen lassen, sagt Adelarisa Kedenburg über sich selbst. Aber die Hände in den Schoss legt sie trotzdem selten. Mit Mitte 40 hat sie zum Beispiel noch ein Studium angefangen und öffentliches Management studiert. Auch in politischen Fragen, will sie nicht still bleiben: "Wir sollten alles daransetzen, dass wir eine bessere Zukunft haben werden" sagt sie mit Blick auf den Rechtsruck bei den jüngsten Wahlergebnissen. Da, wo sie Diskriminierung wahrnimmt, spricht sie es an, so die Bremerin.

Ich habe Angst um unsere Demokratie.

Warum Adelarisa Kedenburg immer wieder gegen Diskriminierung die Stimme erhebt

Mit Sorge blickt sie nach Amerika, wo das Thema Inklusion im öffentlichen Diskurs zurückgedrängt wird und Diversity-Programme zurückgebaut werden. Dies könne auch in Deutschland passieren. "Die Angst habe ich schon", so Kedenburg. "Ich habe Angst um unsere Demokratie. Und damit auch um unsere Gesellschaft und um unsere diverse Gesellschaft."

Von ihrer Adoption erfuhr sie erst spät

Adelarisa Kedenburg ist auch persönlich krisenerprobt. Geboren ist die Bremerin in Nordost-Indien, im Bundesstaat Meghalaya. Erst mit 13 erfuhr sie von ihrer indisch-stämmigen Mutter und ihrem deutschen Vater, dass sie adoptiert wurde. "Ich hätte es gerne früher oder von Anfang an erfahren", sagt Adelarisa Kedenburg rückblickend. Denn als Teenager rutschte sie in eine schwere Identitätskrise, verweigerte den Schulbesuch und entwickelte Angststörungen. Ihre Geschichte hat sie dank einer Therapie aufgearbeitet: "Geblieben ist, glaube ich, dieses Gefühl von der Suche nach Heimat. Was bei mir sehr stark verankert ist, ist das Gefühl nach Zugehörigkeit oder Dazugehören-Wollen. Und das war in der Teenie-Zeit sehr stark ausgeprägt."

Ich habe nie die Sehnsucht verspürt, dass ich mir ein anderes Leben gewünscht hätte.

Adelarisa Kedenburg über ihre globale Identität und ihre Adoption

Bloß nicht auffallen und sich anpassen – das war der jungen Adelarisa wichtig. Über ihre leiblichen Eltern weiß sie auch heute noch sehr wenig: ihre leibliche Mutter war die Nichte ihrer Adoptivmutter und sie hat mehrere Geschwister in Indien. Aber trotz gelegentlicher Ratlosigkeit und einer nicht besonders tiefen Bindung zu ihren Adoptiveltern, ist Adelarisa Kedenburg im Frieden mit ihrer Lebensgeschichte: "Ich habe nie die Sehnsucht verspürt, dass ich mir ein anderes Leben gewünscht hätte."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 27. Mai 2025, 18:05 Uhr

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