Im Porträt Die beste Filmmusik 2025 kommt von Dascha Dauenhauer
Stand: 20. Mai 2025.

Für Dascha Dauenhauer war die Verleihung des Deutsches Filmpreises 2025 etwas ganz Besonderes. Gleich zwei Mal war die 36-Jährige für die beste Filmmusik nominiert. Am Ende bekam sie die begehrte "Lola" für ihre Kompositionen für den Thriller "Islands" überreicht.
Gesprächszeit Gekrönt mit dem Deutschen Filmpreis: Filmkomponistin Dascha Dauenhauer
Dascha Dauenhauer hat sich beim Deutschen Filmpreis 2025 selbst Konkurrenz gemacht. "Ich würde schon sagen, dass jeder Film wie ein Baby für mich ist", sagt die Komponistin über ihre beiden nominierten Filmmusiken zu "Islands" und "Kein Tier. So Wild". Während sie bei "Islands" erst sehr spät zum Prozess dazu kam, hat sie die Burhan-Qurbani-Produktion "Kein Tier. So Wild" zwei Jahre lang begleitet. "Das war ein Fass ohne Boden", schmunzelt die 36-Jährige. Und: "Das Spannende bei diesen beiden Projekten war, dass sie nicht unterschiedlicher sein konnten."
Alles geht über das Gefühl. Musik kann extrem manipulieren, egal in welche Richtung.
Dascha Dauenhauer über die Kraft von Filmmusik
Eine gute Filmmusik muss dem Film eine zweite Ebene verleihen, ist die Filmkomponistin überzeugt. Die Musik müsse einen eigenen Charakter haben und dem Film etwas Zusätzliches geben. Die Auffassung, dass Filmmusik dezent im Hintergrund stattfinden sollte, konnte Dascha Dauenhauer noch nie nachvollziehen: "Ich glaube ganz fest, wenn man den Film nicht mit Musik überflutet, sondern sich punktuell für Musikstellen entscheidet und dann aber auch den Mut hat, Musikstücke zu machen, die etwas hinzufügen, kann es extrem wertvoll sein für den Film." Vielen sei es einfach nicht bewusst, was Musik alles leisten könne: "Ich habe das Gefühl, die Musik ist eigentlich die größte Macht, weil wir die Musik nicht sehen, sondern alles fühlen. Alles geht über das Gefühl. Musik kann extrem manipulieren, egal in welche Richtung."
Mit fünf wurde ihr Talent entdeckt
Geboren wurde Dauenhauer in Moskau, wo sie auch ihre ersten Lebensjahre verbracht hat. Ihre Familie war nicht besonders musikalisch, aber in der Wohnung stand ein Klavier. "Ich bin immer um sechs Uhr aufgestanden, als noch alle geschlafen haben und habe dann auf dem Klavier rumgeklimpert", erinnert sie sich an ihre musikalischen Anfänge mit fünf Jahren.
Meine Improvisation ging dann 20 bis 30 Minuten lang, so dass er mich schon stoppen musste.
Dascha Dauenhauer über ihren ersten Kompositionsunterricht
Und weil sie von den schwarzen und weißen Tasten einfach nicht wegzubekommen war, stellte ihre Mutter sie schließlich einem Professor für Komposition vor, der ihr Talent entdeckte: "Ich erinnere mich an Unterrichtsstunden, wo er mir ein Thema gegeben hat. Zum Beispiel 'Herbst'. Und dann sollte ich ein Stück auf dem Klavier improvisieren und meine Improvisation ging dann 20 bis 30 Minuten lang, so dass er mich schon stoppen musste, weil die Unterrichtsstunde vorbei war."
Eine Karriere als Pianistin kam für sie dennoch nicht in Frage: "Meine erste große Leidenschaft war schon immer die Komposition. Das Klavierspielen habe ich dafür gebraucht, um meine Ideen auszudrücken. Und je besser du auf dem Instrument bist, desto besser kannst du auch deine Ideen ausdrücken."
Umzug als Kind nach Deutschland
Mit Spaß und Ehrgeiz komponierte Dascha Dauenhauer schon früh ihre ersten Stücke für Klavier oder kleine Ensembles, bevor im Alter von sieben Jahren der Umzug nach Berlin anstand. Ohne Sprachkenntnisse wurde sie direkt in die zweite Klasse eingeschult: "Es gab schon Grüppchen, die befreundet waren und da quasi als Ausländerin reinzukommen, ohne Sprache, war extrem schwierig für mich", erinnert sie sich.
Du musst ein paar Filme gemacht haben und dann wirst du weiterempfohlen.
Dascha Dauenhauer über den Durchbruch im Filmgeschäft
Doch eine Klavier- und eine Kompositionslehrerin war schnell gefunden. Als 12-Jährige gelang ihr der Sprung als Jungstudentin an die "Hanns Eisler"-Hochschule für Musik, mit 17 studierte sie Musiktheorie an der Universität der Künste. Der Türöffner für ihre heutige Karriere, war aber das Filmmusik-Studium an der Filmuniversität in Babelsberg. In der Filmmusik-Szene läuft alles über Kontakte, so Dauenhauer: "Du brauchst eine Vita und du musst ein paar Filme gemacht haben und dann wirst du weiterempfohlen. Und das konnte ich alles an der Filmuniversität aufbauen. Alle Gewerke sind dort zusammen."

Freikämpfen mit "Berlin Alexanderplatz"
Ihren Durchbruch verdankt Dascha Dauenhauer auch dem Regisseur Burhan Qurbani, der an sie geglaubt hatte und sie vor fünf Jahren mit der Filmmusik zu "Berlin Alexanderplatz" beauftragt hatte. Wenn sie heute daran zurückdenkt, erinnert sie sich, wie groß ihr der Auftrag damals vorkam: "Es war nicht mein erster Langfilm, aber es war mein erster Langfilm mit richtig Geld."
Ich hatte wahnsinnig Panik, weil Burhan sich für mich sehr eingesetzt hat. Ich war ein Niemand.
Dascha Dauenhauer über die Zusammenarbeit mit Burhan Qurbani bei "Berlin Alexanderplatz"
Für "Berlin Alexanderplatz" musste sie außerdem den Safe Space der Filmuniversität verlassen: "Ich hatte wahnsinnig Panik, weil Burhan sich für mich sehr eingesetzt hat. Ich war ein Niemand und er hat mir so einen großen Vertrauensvorschuss gegeben und ich wollte ihn nicht enttäuschen." Ohne Erfahrung und mit nur geringen Kenntnissen über die Produktionsabläufe stürzte sich Dauenhauer ins kalte Wasser. "Ich musste mich da über Monate freikämpfen", erinnert sie sich. Und die Arbeit wurde belohnt. Mit "Berlin Alexanderplatz" gewann sie nicht nur ihren ersten Deutschen Filmpreis, sondern auch Europäischen Filmpreis und den Preis der deutschen Filmkritik.
Für Frauen ist der Weg oft härter
Heute komponiert Dascha Dauenhauer in ihrem eigenen Studio und nimmt dort auch kleinere Besetzungen auf. Wenn der Platz zwischen den Synthesizern und Instrumenten zu klein wird oder das Ensemble wie bei "Kein Tier. Zu Wild" zu groß ist, mietet sie sich auch mal in große Studios ein.
Ich liebe das europäische Kino. Es gibt einfach nichts darüber bei mir.
Dascha Dauenhauer über ihre Herzensprojekte
Als Komponistin ist sie dabei eine von wenigen Frauen unter vielen Männern. In ihrer Dankesrede beim Deutschen Filmpreis wies Dauenhauer darauf hin, dass die Wege der Sichtbarkeit insbesondere für Frauen lang und mit harter Arbeit verbunden sind: "Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass wir drei Mal die Leistung erbringen müssen, die ein Mann erbringt, um genauso wertgeschätzt zu werden." Doch inzwischen ist sie an den Punkt gekommen, wo sie anfangen kann, sich die Projekte auszusuchen. Künstlerische Arthouse-Filme reizen sie und sie möchte international arbeiten: "Ich liebe das europäische Kino. Es gibt einfach nichts darüber bei mir."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 20. Mai 2025, 18:05 Uhr