Die Morgenandacht Was Kniefall für mich bedeutet

Klaus Hagedorn
Klaus Hagedorn

Die Morgenandacht Was Kniefall für mich bedeutet

Wie lässt sich brutale Gewalt zusammenbringen mit der frohen Botschaft des Evangeliums? Klaus Hagedorn denkt dabei an ein spezielles Kreuz in Guatemala.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen

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Wie lässt sich brutale Gewalt zusammenbringen mit der frohen Botschaft des Evangeliums? Klaus Hagedorn denkt dabei an ein spezielles Kreuz in Guatemala.

Bei einem Besuch in Guatemala habe ich eine Erfahrung gemacht, die mir bis heute nachgeht. Es war in dem Dorf Zacualpa in der Provinz Quiché. Ich hörte Augenzeugenberichte von Massakern und Menschenschändungen ungeheuren Ausmaßes. Ich wurde in einen ehemaligen Folterkeller der Armee geführt. Dort hängt ein Kreuz – ein arm-amputierter Korpus. Die Regierungssoldaten hatten dem Kreuzkorpus in der Dorfkirche den rechten Arm abgeschossen.

In Guatemala sind mehr als 150.000 Menschen im 36 Jahre dauernden Bürgerkrieg (1960-1996) getötet worden, und mehr als 50.000 Menschen gelten als spurlos vermisst. Die Provinz Quiché, die hauptsächlich von Mayas bewohnt ist, war von Verfolgung und Gewalt am schlimmsten betroffen. Hier geschah Genozid. Ich nahm wahr: Brutalität zerstört nicht nur den Leib, sondern stellt jede Menschlichkeit in Frage. Und ich spürte eine bodenlose Schwierigkeit: Wie lässt sich diese brutale Wirklichkeit mit der "Frohen" Botschaft zusammenbringen? Ich hörte zu: Wer gegen die Gewalt ohne Gewalt kämpfte, wurde sehr oft selbst ein Opfer. Der Katechet Don Miguel wurde ermordet. Er hatte sich entschieden, sich lieber niederschlagen und aufs Kreuz legen zu lassen wie Jesus, als andere niederzuschlagen. So wollte Don Miguel den Teufelskreislauf von Gewalt und Gegengewalt aufsprengen. Er hatte zu viel Hass erlebt, als dass er selber hassen wollte. Er wollte aller erfahrenen Gewalt mit Seelenkraft begegnen.

Er war überzeugt, dass die Macht der Liebe unerschütterlich ist, dass Gott auch denen zugewandt bleibt, die am Boden liegen – selbst durch den Tod hindurch. Und dass Liebe die größere Macht ist, weil sie neue Energien freisetzt, eine neue Schöpfung entstehen lässt. Darauf hat er gesetzt. Dieses Kreuz aus Zacualpa ist mir seit dieser Begegnung eine Inspiration. Vor ein Kreuz zu treten, mich vor ihm zu verneigen, ist für mich seitdem immer wieder neu ein Ausdruck dafür, nicht wegschauen zu wollen und meinen Blick zu schärfen für die Opfer von Gewalt und Ungerechtigkeit. Die Grausamkeit menschlicher Gewalttätigkeit kann oft in die Knie zwingen. Ein Kniefall bedeutet für mich seitdem immer wieder neu ein Versprechen: das Versprechen, für Veränderung und Verwandlung einzutreten, auszusteigen aus der Gewaltspirale und den Hasstiraden, mich zu orientieren an Jesus dem Christus, der gewaltfrei einen neuen Anfang machte. Und der darauf setzte, dass absolut jeder Mensch ein Ebenbild Gottes ist und eine Würde hat, die ihm nicht zu nehmen ist.

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