Frauengeschichte(n) aus unserer Region Von den Nazis ermordet: die Bremer Malerin Dora Bromberger

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Schwarz-weiß Porträt von Dora Bromberger
Die Bremer Malerin Dora Bromberger lebte und arbeitete in Bremen. Sie wurde von den Nazis ermordet. Bild: Staatsarchiv Bremen

Dora Bromberger war Ende der 1920er-Jahre auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie galt als eine der begabtesten Malerinnen Bremens. Sie hatte in München und Paris gearbeitet und ihre Bilder in Berlin, Nürnberg und Bremen ausgestellt. Heute kennt kaum jemand Dora Bromberger. Sie und ihre Schwester wurden im Holocaust ermordet und gerieten in Vergessenheit. Bremen-Zwei-Reporterin Lisa-Maria Röhling hat sich auf die Spuren der Schwestern Bromberger gemacht.

Schwarz-weiß Porträt von Dora Bromberger

Die Geschichte der Schwestern Dora und Henriette Bromberger

Eine anerkannte Bremer Familie. Zwei Schwestern, Dora und Henriette Bromberger, die eine Malerin, die andere Konzertpianistin. Ab 1933 grenzten die Nazis sie erst aus und ermordeten sie schließlich.

Bild: Staatsarchiv Bremen
Ein Gemälde mit Mohnblumen von Dora Bromberger
Dora Bromberger malte meist Landschaften und Stillleben. Bild: Hannelore Cyrus

Familie Bromberger war in den 1920er-Jahren überall bekannt in Bremen. Der Vater David arbeitete als Komponist und Konzertpianist. Dora, 1881 geboren, war schon als junges Mädchen eine talentierte Malerin, die ihren Weg zielstrebig verfolgte, sagt Monika Brunnmüller vom Bremer Verein Belladonna. Für ihre Ausbildung ging sie nach Paris und München, wo sie mit vielen verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern zusammenarbeitete.

Aquarelle und Ölbilder malte sie am liebsten, meistens Landschaftsbilder und Stillleben, in ihrem ganz eigenen Stil, angelehnt an den Expressionismus. Das Besondere an Brombergers Kunst beschreibt Monika Brunnmüller so: "Sie hat ihre eigene Stimmung mit eingebracht, was die Bilder immer so lebendig und ansprechend machte."

Künstlerinnen-Karriere in Bremen

Anfang der 1920er-Jahre kehrte Dora in ihre Heimat Bremen zurück. Sie zog bei ihrem Vater und ihrer ein Jahr jüngeren Schwester Henriette, genannt Henny, ein. Henny trat in die Fußstapfen des Vaters: Sie spielte regelmäßig als Klaviersolistin in der Glocke und war eine angesehene Musiklehrerin. Die Familie lebte an der Contrescarpe 93. Das Haus war damals eine beliebte Adresse für Feste und Gesellschaften, sagt Brunnmüller.

Dora Bromberger
Familie Bromberger genoss hohes Ansehen in der Bremer Gesellschaft. Auf dem Bild zu sehen: Dora, Doras Bruder Siegfried und der Vater David Bromberger (v.l.). Bild: Staatsarchiv Bremen

Und die Brombergers waren gern gesehene Gäste, erzählt Brunnmüller: "Die beiden Schwestern haben auch hier in Bremen sehr viel gefeiert, die Schwester hat Konzerte gegeben, Dora hat gemalt. Sie müssen in der Zeit ein relativ aktives und kreatives Leben geführt haben." Doras Karriere bekam in Bremen Aufwind: Sie gehörte zur Arbeitsgemeinschaft der Künstlerinnen und Künstlerfreunde, stellte in der Kunsthalle Bremen und den Museen Böttcherstraße aus, zeigte ihre Werke auch in Berlin und Nürnberg.

Engagiert in der Bremer Gesellschaft

Dora und Henny engagierten sich für viele Bremerinnen und Bremer. Bei den "Lichten Sonntagen" luden sie Menschen zu sich nach Hause ein. Henny machte Musik, Dora organisierte mit Künstlerinnen Vorträge oder andere Unterhaltung. Ihr Talent wurde stadtweit geschätzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg sagte die Bremer Künstlerin Elisabeth Noltenius über die Schwestern: "Henny Bromberger war eine äußerst begabte, feinsinnige Konzertpianistin, die darüber hinaus durch ihre Konzertart ihren Bekannten und Freunden sehr viel zu geben wusste. Dora Bromberger gehörte als Malerin einer modernen Richtung an. Sie war in ihrem Streben sehr ernst und intensiv."

Von den Nazis verfolgt

Dann kam das Jahr 1933. Die Eltern der Schwestern waren Juden, Dora und Henriette waren zwar christlich getauft, das schützte sie aber nicht. Die Rassengesetze der Nationalsozialisten nahmen den Schwestern die Existenzgrundlage, sie bekamen Berufs- und Ausstellungsverbote. Sie lebten in ihrem Elternhaus, zogen sich immer mehr zurück und verließen das Haus nur noch nach Anbruch der Dunkelheit. Henny wurde von Freunden weiterhin für Privatkonzerte engagiert, Dora erhielt Porzellan- oder Stoffspenden, um weiterhin Material zum Malen zu haben.

Schwarz-weiß Porträt von Henriette Bromberger
Henriette (hier abgebildet) und Dora Bromberger unterschätzten lange die Gefahr durch die Nazis, sagte ihr Bruder Siegfried nach dem Zweiten Weltkrieg. Bild: Staatsarchiv Bremen

Die Schwestern sahen zunächst keine Gefahr für sich: Sie seien schließlich getauft und hätten ein Familiengrab auf dem Riensberger Friedhof, soll Henny gesagt haben. Ihr Bruder Siegfried sah das anders. Er emigrierte 1939 nach Kuba. Nach dem Krieg sagte er über Dora und Henny: "Ich habe meinen Schwestern noch vor dem Weltkrieg mehrfach angeraten, Deutschland zu verlassen. Sie hatten auch eine Einladung nach London. Meine Schwestern haben diese Einladung nicht angenommen, weil sie sich nur als Deutsche und als anständige Menschen fühlten und nicht an den Verfolgungswahn der Nazis geglaubt haben."

Im Konzentrationslager ermordet

Im Oktober 1941 bekam eine der Schwestern einen Bescheid, sich auf die Evakuierung in den Osten vorzubereiten. Ob es Dora oder Henny war, ist heute unklar. Aber klar war: Die eine wollte nicht ohne die andere zurückbleiben. Ihr Elternhaus in der Contrescarpe war da schon enteignet worden. Vom Hauptbahnhof Bremen begann ihre letzte Reise nach Minsk. Dort wurden sie in einem Vernichtungslager von den Nazis ermordet. Was überlebt hat, sind Doras Werke. Private Sammlerinnen haben sie geschützt. So ist ein Bruchteil des großen Wirkens dieses Bremer Schwesternpaares geblieben.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 2. Januar 2022, 14:20 Uhr.

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