Im Porträt Wie diese Frau Bremens Nachbarschaftshäuser erfand

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Frieda Paul als Ausschnitt, dahinter eine Frau in einer Nähstube an einer alten Nähmschine (Montage)
Frieda Paul hat in Bremen nach dem Zweiten Weltkrieg im Nachbarschaftshaus Gröpelingen eine Nähstube eröffnet. Bild: AWO Bremen | Imago/Imagebroker/our-planet.berlin

Als der Zweite Weltkrieg endete, brauchten viele Menschen Hilfe, um ihren Alltag zu bewältigen. Frieda Paul setzte sich für sie ein und half ihnen, sich ein Leben aufzubauen.

Über ihren Charakter ist nicht viel überliefert, aber Frieda Paul muss eine ziemlich zielstrebige Frau gewesen sein. 1902 als Frieda Hannusch geboren, ergreift sie jung einen eigenen Beruf: Sie lässt sich zur Säuglingspflegerin ausbilden. Dadurch lernt sie schon als junge Frau andere Frauen kennen, die ungewollt schwanger wurden. Das war vor allem politisch prägend für sie, erklärt Larissa Krümpfer von der Arbeiterwohlfahrt Bremen: "Sie konnte sehen, was daraus werden kann, wenn Frauen gegen ihren Willen Schwangerschaften zu Ende führen müssen. Ich vermute, auch daraus erstarkte dieses Bestreben darum, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern voran zu treiben."

Flugblätter gegen die Nazis

Wie ein roter Faden zieht sich dieses Bestreben durch das Leben von Frieda Paul. Deswegen setzt sie sich auch immer für sozial benachteiligte Menschen ein. Ein zweiter roter Faden ist ihr Kampf gegen den Faschismus. 1928 – mit 26 Jahren – tritt Frieda dem Internationalen Sozialistischen Kampfbund, kurz ISK, bei. Zu der gehört auch Fritz Paul, gelernter Schriftsetzer. Die beiden werden ein Paar und heiraten bald. Von nun an setzen sie sich gemeinsam für eine gerechte und demokratische Gesellschaft ein: Paul druckt Flugblätter gegen die Nationalsozialisten, die auch Frieda heimlich verteilt, erklärt Larissa Krümpfer: "In einem Interview hat sie mal gesagt, dass sie die häufig in ihrem Strumpfband festgemacht hat und dann quasi unter ihrem Rock transportierte."

Nach dem Ende des NS-Regimes hat sie weitergemacht, sich antifaschistisch organisiert und engagiert. Zeitweise war ihre Wohnung sogar Treffpunkt für Antifaschisten.

Larissa Krümpfer, Arbeiterwohlfahrt

Außerdem ist sie für den Kampfbund Geheimbotin im Ausland. Bereits 1936 warnen die Mitglieder des ISK vor einem drohenden Krieg: Sie stecken Flugblätter in kleine Kinder-Portemonnaies und verteilen sie so unerkannt vor dem Freimarkt. 1938 bekommen die Nationalsozialisten Wind von einer Flugblatt-Aktion, das Ehepaar wird verhaftet. Frieda muss für fünf Jahre ins Zuchthaus, als sie entlassen wird, ist sie krank und geschwächt. Sie habe sich lange erholen müssen, bevor sie wieder aktiv werden konnte, erklärt Larissa Krümpfer. "Sie hat nach Ende des NS-Regimes 1945 weitergemacht, sich antifaschistisch organisiert und engagiert, zeitweise war ihre Wohnung sogar Treffpunkt für Antifaschisten."

Im zerstörten Bremen sind es vor allem Frauen, die sich selbst organisieren, um das Notwendigste für sich und ihre Familien aufzubringen: die tägliche Mahlzeit, ein Dach über dem Kopf, etwas zum Anziehen. Frieda Paul wird sofort aktiv, sagt Larissa Krümpfer. "Sie hat dazu aufgerufen, Kleiderspenden zu sammeln, hat Kleiderspenden aus dem Ausland koordiniert und hat dann auch die Nähstuben des Arbeiterhilfswerkes geleitet."

Ein Ort für gelebte Demokratie

Das Motto: Hilfe zur Selbsthilfe. Eine von Friedas Nähstuben befindet sich ab 1952 im ersten Bürgerhaus Bremens: Das "Nachbarschaftshaus" im Stadtteil Gröpelingen. Neben verschiedenen Selbsthilfewerkstätten gibt es im Nachbarschaftshaus Räume, wo man kreativ arbeiten, sich bewegen oder einfach nur treffen kann – zum Beispiel um politische Themen zu diskutieren. Ein Gemeinschaftsgefühl soll geschaffen werden, für Familien und Alleinstehende, für Erwachsene und Kinder.

Frieda Paul organisierte nach dem Zweiten Weltkrieg in Bremen eine Nähstube und hat Kleiderspenden aus dem Ausland organisiert.
Frieda Paul organisierte nach dem Zweiten Weltkrieg in Bremen eine Nähstube und hat Kleiderspenden aus dem Ausland organisiert. Bild: AWO Bremen

Nicht nur hier setzt sich Frieda Paul für Demokratie ein: 1947 beginnt sie journalistisch zu arbeiten und gibt eine Zeitschrift für das Bremer Arbeiterhilfswerk heraus. 1952 verlässt Frieda Paul Bremen: Sie geht mit ihrem Mann Fritz nach Frankfurt am Main, er gründet dort die Frankfurter Verlagsanstalt. Auch in ihrer neuen Heimat engagiert sich Frieda in der SPD und für die Arbeiterwohlfahrt. Von der bekommt sie 1970 für ihre außerordentlichen Leistungen die Marie-Juchacz-Plakette verliehen. Politisch aktiv bleibt sie auch noch bis in ihr letztes Lebensjahrzehnt. 1989 stirbt Frieda Paul im Alter von 87 Jahren.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 27. April 13:40 Uhr

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