Im Porträt Diese junge Schauspielerin startet am Theater Bremen durch

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Porträt der Schauspielerin Shirin Eissa vom Theater Bremen
Shirin Eissa kam mit 23 als Schauspielabsolventin an das Bremer Theater. Bild: Tobias Kruse

Mit ihren 25 Jahren steht Shirin Eissa noch am Anfang ihrer Karriere, aber schon jetzt begeistert sie Regisseure, Publikum und Theaterkritik. Nach ihren ersten zwei Spielzeiten am Theater Bremen wurde sie in diesem Jahr mit dem Kurt-Hübner-Nachwuchs-Preis ausgezeichnet für ihre "Wandlungsfähigkeit und eindrucksvolle Präsenz". Dabei war ihr Start mitten in der Corona-Pandemie alles andere als einfach.

Porträt der Schauspielerin Shirin Eissa vom Theater Bremen

Gesprächszeit "Ich liebe die Energie mit dem Publikum" – Shirin Eissa

Sie ist 25 und wird für ihre Wandlungsfähigkeit und eindrucksvolle Präsenz gefeiert. Dabei war Shirin Eissas Start als Schauspielerin alles andere als einfach.

Bild: Tobias Kruse

Als Shirin Eissa im Sommer 2020 nach Bremen kam, hatte die Corona-Pandemie die Spielpläne kräftig infiziert. Ganze sechs Vorstellungen konnte sie in ihrem ersten Jahr spielen. "Das hat die Angst vor der Bühne oder dem Beruf eher bestärkt, als dass man eine Routine bekommt", erinnert sich Shirin Eissa. Berührungen oder gemeinsame Requisiten wurden untersagt, Proben abgesagt, Aufführungen sowieso. Die Kolleginnen und Kollegen zogen sich ins Private zurück. "Wenn man selber in eine Stadt kommt, in der man keine Freunde hat, keine Familie hat, dann schwebt man kurz in so einem schwerelosen Zustand umher."

Ich hatte es nicht geschafft, diesen Text zu sprechen, ohne Tränen verdrücken zu müssen.

Shirin Eissa über die Rolle "Wahida", die ihr sehr nahe ging

Nach zwei Jahren ist Shirin Eissa endlich in Bremen angekommen. Die 25-Jährige hat ihr Können in den unterschiedlichsten Produktionen unter Beweis gestellt: als "Erna" in "Kasimir und Karoline", als "Ronja Räubertochter" oder als "Heilige Johanna der Schlachthöfe". Die Rolle der "Wahida" in "Vögel" war die erste Rolle, die ihr sehr nahegekommen ist. Die Figur entdeckt ihre arabische Herkunft und wird mit Identitätsfragen konfrontiert. "Das trifft mich total ins Mark, weil ich in einer ähnlichen Situation bin. Ich hatte es nicht geschafft, diesen Text zu sprechen, ohne Tränen verdrücken zu müssen".

Familie in Ägypten und Hannover

Geboren und aufgewachsen ist Shirin Eissa in Hannover, von ihrem ägyptischen Vater lernte sie Arabisch. Die Familie Eissa aß kein Schweinefleisch und in der Grundschule besuchte Eissa den Islam-Unterricht. Als Kind fühlte sie sich manchmal zerrissen zwischen zwei Kulturen. Heute empfindet sie das als doppeltes Glück: "Das ist ein Geschenk, beides haben zu können. Im Sommer nach Ägypten fahren zu können und Liebe und Wärme der riesigen Familie da spüren zu können."

Ich war ein rasendes Kind!

Shirin Eissa über ihre Wut nach dem Tod des Vaters

Als Shirin Eissa acht Jahre alt war, starb ihr Vater. Ihre Trauer schlug um in Wut. "Ich war ein rasendes Kind", bekennt die Schauspielerin. Auf einer Musicalschule lernte sie dann mit zwölf Jahren ihre Energie und Emotionen konstruktiv zu kanalisieren. Singen, Tanzen und Schauspielen lernte sie natürlich auch. Nach dem Abitur wurde sie an der Otto-Falckenberg-Schule in München zum Schauspielstudium angenommen. "Ich wollte gar nicht unbedingt dahin, weil es so weit weg war von Hannover."

Schauspielerin im Stück "Die heilige Johanna der Schlachthöfe"
Shirin Eissa ist aktuell als Brechts "Heilige Johanna der Schlachthöfe" zu sehen. Bild: Theater Bremen | Jörg Landsberg

Erfolgreich mit dem "Emotionszug"

Heute hat es ihre Mutter aus Hannover nicht weit zu Shirin Eissas Premieren am Theater Bremen. Zufrieden ist die junge Schauspielerin, wenn sie bei den Vorstellungen auf ihren "Emotionszug" aufgestiegen ist: "Dann ärgere ich mich auch nicht, wenn ich mal den Text versemmelt habe. Das ist nicht schlimm, wenn man einfach merkt, "etwas spielt" – und ich spiele es nicht."

Es gibt immer Raum, Dinge zu sagen. Und es wird nicht nur über den Kopf entschieden.

Shirin Eissa über das, was sie am Theater Bremen schätzt

Als junges Ensemble-Mitglied hat Shirin Eissa einen frischen Blick auf den Theaterbetrieb, der in Deutschland immer noch als patriarchalisch geprägt gilt. Sie mag Häuser ohne Hierarchien, die von Kollektiven geleitet werden. Am Theater Bremen schätzt sie, dass hier auch junge Talente Chancen bekommen und Diversität mitgedacht wird. "Es gibt immer Raum, Dinge zu sagen. Und es wird nicht nur über den Kopf entschieden. Es gibt wirklich einen Kodex, an den sich gehalten werden muss. Das haben noch nicht alle Theater – aber das schützt uns ungemein."

Vom Preisgeld des Kurt-Hübner-Nachwuchs-Preises möchte sie einen Dokumentarfilm drehen. Film- und Bühnenarbeit, Performance und Installation ist im Moment genau die richtige Mischung für sie. Dem Theater Bremen möchte Shirin Eissa noch eine Weile treu bleiben: "Was ich so liebe am Theater, ist die Energie mit dem Publikum."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 18. Oktober 2022, 18:05 Uhr

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