Im Porträt Wie Kim Fürwentsches das Hochwasser in Lilienthal gemanagt hat

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Porträt von Kim Fürwentsches in Lilienthal in der Natur.
Kim Fürwentsches ist seit knapp zwei Jahren Bürgermeister der Gemeinde Lilienthal bei Bremen. Bild: Grüne Lilienthal

Kim Fürwentsches war Neubürger in Lilienthal, Neuling in der Politik und gerade etwas mehr als ein Jahr im Amt, als seine Gemeinde Lilienthal an Weihnachten 2023 vom Hochwasser heimgesucht wurde. Während das Wasser von Wörpe und Wümme stieg, wurde der 41-jährige Bürgermeister für seine offene Kommunikation während der Krisenlage gelobt.

Porträt von Kim Fürwentsches in Lilienthal in der Natur.

Gesprächszeit Wie Kim Fürwentsches das Hochwasser in Lilienthal erlebt hat

Kim Fürwentsches ist Bürgermeister von Lilienthal. Während der Hochwasserlage Ende 2023 wurde der 40-Jährige Bürgermeister für seine offene Kommunikation gelobt.

Bild: Grüne Lilienthal

Das Weihnachtsfest war gerade im Gange als im Dezember 2023 die Pegel von Wörpe und Wümme in Lilienthal so hochstiegen, dass das Wasser über die Ufer trat. Keller liefen voll, Straßen standen unter Wasser und im Deich mussten erste Löcher geflickt werden. "Wir waren natürlich erst einmal in einer gewissen Chaos-Phase und mussten uns selbst erst einmal einen Überblick verschaffen", erinnert sich Lilienthals Bürgermeister an die ersten Stunden im Lilienthaler Rathaus.

Das war eine der herausforderndsten Situationen während meines Lebens.

Kim Fürwentsches über die Hochwasserlage kurz nach Weihnachten 2023

Die Hochwasserlage war komplex. Eine Sturmflut hatte die Deutsche Bucht zuvor mit Wasser gefüllt, so dass das Fluss-Hochwasser nicht so schnell ablaufen konnte. Die Böden waren durch einen sehr nassen Herbst gesättigt, das Lesum-Sperrwerk geschlossen. Erschwerend kam hinzu, dass sämtliche Behörden über die Feiertage natürlich geschlossen hatten. Lange Zeit war nicht klar, ob die Deiche den Wassermassen standhalten würden: "Das war eine der herausforderndsten Situationen, mit denen ich während meines Lebens zu tun hatte", so Kim Fürwentsches.

Tägliche Updates vom Bürgermeister

Betroffene brauchten vor allem eines: Gesicherte Informationen. "Da war ganz schnell klar, dass wir eine entsprechende Kommunikationsstrategie aufbauen müssen."

Bürgermeister Kim Fürwentsches im Interview.
Kim Fürwentsches stand im Winter 2023 täglich vor den Kameras, um über die Lage in Lilienthal Auskunft zu geben. Bild: Radio Bremen

Kim Fürwentsches hielt die Betroffenen und die Öffentlichkeit mit einem täglichen Videoblog auf dem Laufenden – um die Akzeptanz für bestimmte Maßnahmen zu erhöhen, aber auch um für ein besseres Sicherheitsgefühl zu sorgen: "Ganz prägnant fand ich ein Thema, wo das Gerücht umging, es würden bereits Plünderungen stattfinden. Wo ich nach Rücksprache mit der Polizei ganz klipp und klar sagen konnte: 'Das ist Quatsch – das stimmt so nicht!'" Für sein Krisenmanagement wurde Fürwentsches so gelobt, dass sein Bekanntheitsgrad auch über die Gemeindegrenzen hinweg stieg.

Nautiker zur See

Der gebürtige Kölner ist erst durch sein Studium in den Norden gekommen. Fürwentsches hat sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg gemacht und hätte danach eigentlich gerne Medizin studiert, doch der Notenschnitt reichte dafür nicht. "Mein Vater ist als Vollmatrose zur See gefahren ist und das letzte Schiff, mit dem er aktiv gefahren ist, war die Cap San Diego in Hamburg. Und da wir jedes Jahr ein Wochenende vor Ort waren und drüber gelaufen sind, war für mich der Zugang zur Seefahrt immer da."

Auf See kommt keiner. Keine Feuerwehr, kein Rettungsdienst, kein Arzt.

Kim Fürwentsches über das schnelle Entscheiden, das er auf See gelernt hat

Kim Fürwentsches entschied sich für ein Nautik-Studium, das ihn nach Bremen führte. Er fuhr als nautischer Offizier zur See und lernte früh, Entscheidungen zu treffen: "Wenn man zur See gefahren ist und auch Verantwortung in dem Bereich hatte, lernt man relativ zügig, eigenständig Probleme abzuarbeiten. Zu erkennen, zu analysieren und dann in die Umsetzung zu kommen. Denn auf See kommt keiner. Keine Feuerwehr, kein Rettungsdienst, kein Arzt."

Weil der Kita-Platz fehlte, landete er in der Politik

Später, als sein Sohn zur Welt kam, hat Kim Fürwentsches seine Aufgabe als Offizier auf See schließlich gegen den Dienst bei der Wasserschutzpolizei eingetauscht. In Lilienthal fand das Stadtkind mit seiner Familie fast alles, was es zum Leben brauchte. Das einzige was fehlte war ein Krippenplatz für das jüngste Familienmitglied. Der Auslöser, um sich politisch zu engagieren.

Demokratie lebt nur vom Mitmachen.

Kim Fürwentsches über den Grund für sein politisches Engagement

Erst wurde seine Frau Mitglied bei den Grünen, dann er. "Demokratie lebt nur vom Mitmachen" – davon ist der heute 41-Jährige überzeugt. Mitten in der Corona-Pandemie fiel dann die Entscheidung, sich als Kandidat bei den Lilienthaler Bürgermeisterwahlen aufstellen zu lassen, weil der amtierende Bürgermeister Kristian Tangermann (CDU) überraschend gestorben war. Im ersten Wahlgang erreichte Kim Fürwentsches rund 44 % der Stimmen, bei der Stichwahl konnte er knapp 55 % der Wählerinnen und Wähler hinter sich vereinigen.

Ein großer Tisch für Gespräche

Natürlich möchte Fürwentsches lieber Gestalter als Verwalter sein. Doch er weiß auch: in seinem Job als Bürgermeister ist er in seinen Entscheidungen viel abhängiger von äußeren Faktoren als auf See. Politische Meinungen und rechtliche Grundlagen erfordern oft Kompromisse. Überrascht war er von der Breite und Vielfalt der Aufgabenfelder, mit denen er es heute im Rathaus zu tun bekommt.

Kim Fürwentsches
Kim Fürwentsches im Winter 2023/2024. Bild: Gemeinde Lilienthal

Weil Gesprächsrunden zu seinen Hauptaufgaben gehören, hat Kim Fürwentsches nach Dienstantritt deshalb erst einmal sein Büro umgeräumt. Der schwere Bürgermeistertisch musste für eine kleine Arbeitsecke weichen – dafür zog ein großer einladender Gesprächstisch ein. Ein Fender und eine Seekarte erinnern stets an seine berufliche Herkunft: "Manchmal trauere ich dem auch hinterher – mal auf der Brücke zu stehen und in die Ferne zu gucken – aber das mache ich nun im Urlaub."

Wenn es drauf ankommt, hält das Dorf Lilienthal zusammen. Das ist ein positiver Aspekt.

Was er während des Hochwassers gelernt hat.

Das Hochwasser an Wörpe und Wümme hat Spuren in Lilienthal hinterlassen. Es zeigte aber auch, wie Menschen füreinander da sind und sich gegenseitig helfen können: "Wenn es drauf ankommt, hält das Dorf Lilienthal zusammen. Das ist ein positiver Aspekt. Und für unsere Einsatzkräfte war das eine große Teambuilding-Maßnahme, wenn man so möchte. Das ist definitiv ein Push gewesen, um besser miteinander zu arbeiten und viel mehr in den Austausch zu kommen", so Fürwentsches in der Rückschau. Für ihn ist wichtig, dass er weiterhin ansprechbar ist und dass seine Bürotür offensteht – sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Hochwasser-Lage in Lilienthal im Dezember 2023

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 25. Juni 2024, 18:05 Uhr

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