Im Porträt Kunst statt Korn: Was dieser 75-Jährige aus einer Brennerei machte

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Hans-Gerd Hilbers
Hans-Gerd Hilbers in seinem Element: Unterwegs auf dem Hof. Bild: Radio Bremen/ Kristin Hunfeld

Lieblingsmenschen – das sind Alltagshelden, die Besonderes leisten oder mit ihrer Art ihr Umfeld bereichern. Hans-Gerd Hilbers ist so ein Mensch. Der 75-Jährige hat die Alte Brennerei Hilbers im Oldenburger Stadtteil Etzhorn nach Ende der Produktion von hochprozentigem Rohalkohol völlig neu erfunden. Bremen-Zwei-Reporterin Kristin Hunfeld hat ihn getroffen.

Porträt Hans-Gerd Hilbers

Lieblingsmensch: Hans-Gerd Hilbers und seine Brennerei voller Kunst

Dass die Alte Brennerei Hilbers heute nicht mehr für die Produktion von Hochprozentigem bekannt ist, sondern für die Produktion von Kunst, das ist Hans-Gerd Hilbers zu verdanken.

Bild: Radio Bremen/ Kristin Hunfeld

Mitte der Zweitausender wird die Brennerei stillgelegt. Ihr Besitzer Hans-Gerd Hilbers möchte das Gebäude anderweitig weiternutzen und überlegt, was es werden könnte. "Es gab 'ne Kleinanzeige in der Nordwest-Zeitung, von der Künstlerin im zweiten Stock, Frau Bröhldick, die suchte ein Atelier. Und die hat dann gleich andere mitgebracht und dann haben wir erst umgebaut. Unsere Freunde haben gesagt 'Du bist ja verrückt Hilbers, Künstlerinnen und Künstler haben kein Geld, die bezahlen nicht'.", erzählt Hilbers. Da hatten Hans-Gerd Hilbers und seine Frau Anke es aber schon beschlossen: Aus dem imposanten Gebäude aus rotem Backstein sollte kein Möbellager, kein Restaurant und auch kein Bürokomplex, sondern ein Künstlerhaus werden.

Frühe Begeisterung für die Kunst

Die Grundlage zur Kunst sei schon früh im Haus gelegt worden. Hilbers Großmutter war seit 1920 in einem Kunstverein in Düsseldorf und hatte schöne Bilder gekauft, so Hilbers. Und auch seine Frau Anke habe immer von Kunsthandwerk und vom Tischlerhandwerk geschwärmt. "Ich hätte immer gerne mal 'ne Tischlerlehre gemacht. Passte aber nie", sagt sie. Für das geplante Künstlerhaus musste die ganze Brennerei umgebaut werden: Neues Treppenhaus, Toiletten, alles was dazu gehört. "Und meine Frau musste immer das Geld herausgeben", sagt Hans-Gerd Hilbers. "Er hat immer die Ausrede 'Ich muss meine Frau fragen, die sitzt auf'm Geld'', sagt seine Frau und lacht.

Bauernhof
Die alte Brennerei – heute ein Ort für Kunsttätige. Bild: Radio Bremen/ Kristin Hunfeld

Über zwanzig Ateliers und Werkstätten gibt es heute in der Alten Brennerei. Zu den ersten Mieterinnen und Mietern gehörten der Maler und Grafiker Andrey Gradetchliev und die Bildhauerin Christa Müller. Beide schwärmen nicht nur von diesem besonderen Ort: Dem alten Hof, zu dem der Weg über eine Kastanienallee führt, von der Ruhe und dem Freiraum, die die Ateliers für die künstlerische Arbeit bieten, bei bezahlbarer Miete. Sondern auch von ihrem Vermieter: Hans-Gerd Hilbers.

"Ach, er ist ein Mensch, der sich um alles kümmert und selbstlos für alle unterwegs ist – im besten Sinne des Wortes", sagt Andrey Gradetchliev. Also normalerweise seien Mieter und Vermieter zwei verschiedene Positionen, aber mit Hans-Gerd Hilbers sei das sehr viel Miteinander, findet Christa Müller. "Und er hat ein sehr großes Engagement für uns und für's Haus. Und ein Herz für Kunst.", sagt sie.

Fester Bestandteil der Oldenburger Kunstszene

Längst ist die Alte Brennerei eine Institution und ein beliebtes Ausflugsziel. Es gibt Kaffee und Kuchen, im Winter auch Glühwein, manchmal Musik und gerne führt Hans-Gerd Hilbers Besucherinnen und Besucher über das Gelände. Viele historische Details wurden beim Umbau erhalten, das war ihm wichtig.

Porträt Hans-Gerd Hilbers
Hans-Gerd Hilbers hat viele Geschichten zu erzählen. Bild: Radio Bremen/ Kristin Hunfeld

So viele Geschichten hat er zu erzählen: Vom Urgroßvater, der die Brennerei erbaut hat, von der Oldenburger Gewerbeausstellung 1905, auf der der Schnaps von Hilbers einen Preis bekam, oder von den Waggons, die früher dank eines direkten Bahnanschlusses auf den Hof rollten. Aber auch von den fünfzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einst hier beschäftigt waren. "Wir haben ein goldenes Buch, nennen wir es, wo alle seit 1895 erfasst worden sind. Also es geht hier immer um Generationen, nicht um heute und morgen, sondern langfristig.", sagt Hilbers.

Also wir denken nicht nur ans Arbeiten, sondern gönnen uns auch die Freude.

Hans-Gerd Hilbers über das Leben in der alten Brennerei

Beständigkeit ist Hans-Gerd Hilbers wichtig, und dass es weitergeht auf dem Hof, zu dem auch eine Landwirtschaft mit einhundertsechzig Milchkühen und vierzehn Pensionspferden gehört. "Ich hab früher selbst geritten, passt auch zur Kunst: Kunst und Pferde. Und Oldtimer haben wir auch noch ein paar hier stehen. Also wir denken nicht nur ans Arbeiten, sondern gönnen uns auch die Freude."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 17. September 2022, 13:40 Uhr

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