Die regionale Reportage Als das Jeverland zu Russland gehörte

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  • Kim Torster
Ein historisches Gemälde zeigt "Katharina die Große".
Die Zarin Katharina die Große war einst auch Herrscherin im Jeverland. Bild: dpa | AKG-Images

Jever ist die Kreisstadt des Landkreises Friesland. Und Jever gehört zu Russland. Zwar nicht mehr heute, aber um 1800 herum war das so. Sprach man damals in Jever Russisch statt Plattdeutsch? Das nicht, aber Katharina die Große war Zarin von Russland. Ihr gehörte damals das Jeverland. Und sie ist bis heute in Jever gegenwärtig.

Ein Porträt von Katharina die Große hängt an einer Wand

Wie Katharina die Große das Jeverland erbte

1793 erbte Katharina die Große das Jeverland. Wie es dazu kam und ob statt Plattdeutsch Russisch gesprochen wurde, haben wir recherchiert.

Bild: Radio Bremen | Kim Torster

Fast zwei Meter hoch und knapp 1,50 Meter breit ist es, das Staatsporträt von Katharina der Großen. Seit rund 200 Jahren hängt es im Schloss zu Jever. Es zeigt die russische Zarin in typischer Pose: Ein roter Umhang liegt auf ihren Schultern, in ihrer Hand hält sie ein Zepter, auf dem Kopf sitzt ein Diadem. Das Porträt einer Herrscherin.

Dass dieses Gemälde ausgerechnet in Jever hängt, sei kein Zufall, sagt Schlossmuseumsleiterin Antje Sander: Die russische Zarin war eine Prinzessin des Hauses Anhalt-Zerbst, sie hieß ursprünglich Sophie Friederike Auguste von Anhalt-Zerbst. Und über die Zerbster Linie erbte sie das Jeverland.

1667 hatte Graf Anton Günther von Oldenburg das Jeverland seinem Neffen vermacht, dem Grafen Johann, Fürst von Anhalt-Zerbst.1793 starb der letzte Fürst von Anhalt-Zerbst – Friedrich August, der jüngere Bruder Katharinas, und damit fiel das Land an seine Schwester. Das war nur möglich, weil Jever damals den Status eines sogenannten "Kunkellehens" hatte. Das ist ein Lehen, das auch an Frauen vererbt werden kann. Katharina war zu diesem Zeitpunkt 63 Jahre alt und Kaiserin von Russland – und deshalb kam Jever unter russische Herrschaft.

Emotionales Erbe

Die Erbschaft dürfte für die Zarin vor allem eine emotionale Komponente gehabt haben: Als 14-Jährige hatte Katharina Jever gemeinsam mit ihren Eltern besucht. Damals ebenfalls zu Gast war eine skandalträchtige Verwandte. Die Gräfin Charlotte Sophie von Bentinck hatte sich kurz zuvor von ihrem Mann getrennt und galt als Frau, die ihren eigenen Kopf hatte. Während ihres Besuchs im Jeverland nahm die Gräfin die künftige Zarin unter ihre Fittiche.

30 Jahre später schilderte Katharina diese Begegnung in ihren Memoiren, weiß Antje Sander: "Charlotte von Bentinck hatte Katharina das Reiten beigebracht." Sie sei wie ein "Mannweib" gewesen und habe Katharina das Rittlingsreiten beigebracht, also das Reiten wie ein Mann und nicht im damals angesagten Damensitz. Es gebe sogar ein Gemälde, das Katharina so zeigt, erzählt Sander.

Ein Porträt als Herrschaftszeichen

Ein Porträt von Katharina die Große hängt an einer Wand und zwei Frauen stehen davor
Historikerin Maren Siems und Museumsleiterin Antje Sander wissen, weshalb das Porträt von Katharina der Großen im Schloss zu Jever hängt. Bild: Radio Bremen | Kim Torster

Für die junge Katharina sollte es der letzte Besuch im Jeverland sein. Auch als Herrin von Jever kehrte sie nicht zurück. Ihren Untertanen schenkte sie stattdessen jenes Porträt, das noch heute im Audienzsaal des Schlosses zu Jever hängt. Wie wichtig das Gemälde damals war, erklärt Historikerin Maren Siems: "Dieses Porträt steht für sie. Es hat einen Stellvertreter-Charakter. Das ging in dieser Zeit sogar so weit, dass Gerichtssprüche und Ähnliches vor dem Bild des Herrschenden abgegeben wurden."

Katharina die Große starb 1796, ihr Sohn, Zar Paul I., übernahm mit Russland auch das Jeverland. Im Alltag war von der russischen Herrschaft allerdings wenig zu spüren, sagt Antje Sander. Katharina hatte die Regentschaft stellvertretend ihrer Schwägerin in Jever übertragen. Die verwaltete das Fürstentum, bis es 1807 im Zuge der Napoleonischen Kriege an Holland fiel. Dass Katharina die Große einmal Herrin von Jever war, ist im Jeverland trotzdem bis heute eine bekannte Geschichte. Und das dürfte auch an dem imposanten Porträt liegen, das sie hinterließ.

Schon 200 Jahre früher lag das Jeverhand in weiblicher Hand:

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 29. November 2021, 11:40 Uhr

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