Die regionale Reportage Wurde Kommissar Maigret in Wilhelmshaven erfunden?

Autor/Autorin

  • Gerhard Snitjer
Georges Simenon mit Pfeife im Jahre 1957.
In Hut und Mantel – und immer eine Pfeife im Mund oder in der Hand: Schriftsteller Georges Simenon und sein Kommissar Maigret hatten so ihre Ähnlichkeiten. Bild: dpa | Leemage

Kommissar Maigret ist ein Klassiker, den Krimi-Fans auf der ganzen Welt kennen. Erfunden hat ihn der belgische Schriftsteller Georges Simenon. Aber wo? Die Literaturforschung ist sich uneinig. Eine Version der Maigret-Erfindung spielt in Wilhelmshaven.

Georges Simenon mit Pfeife im Jahre 1957.

Erfand Georges Simenon seinen Kommissar Maigret in Wilhelmshaven?

1929 war Georges Simenon ein Jahr lang mit seinem Boot unterwegs. Er war in Delfzijl, Emden und Wilhelmshaven. Hat er dort womöglich seinen Kommissar Maigret erfunden?

Bild: dpa | Leemage

 

Jules Maigret ist ein melancholischer, wortkarger, mürrischer Kommissar. Ein Mann mit so viel Einfühlungsvermögen, dass er oft genug mit den schließlich geständigen Mördern mitleidet. Georges Simenon hat sich diese Figur ausgedacht, die ihn als Krimi-Autor unsterblich machen sollte. Er selbst schreibt in seiner Autobiografie, er habe Maigret 1929 im niederländischen Delfzijl in einem Café erfunden.

Der belgische Schriftsteller Georges Simenon, Autor unzähliger Romane und Schöpfer des "Kommissar Maigret", am 3. September 1966 im niederländischen Delfzijl während der Einweihung des "Maigret"-Denkmals - und zwar an der Stelle, an der Simenon die Idee zu seiner Romanfigur hatte. Mit dabei einige Schauspieler, die den Kommissar verkörperten (l-r): Rupert Davies, Georges Simenon, Heinz Rühmann, Gino Servi und Jan Teuling.
Ende der 1920er erfand Georges Simenon seinen Kommissar Maigret – womöglich in Wilhelmshaven. Oder doch in Delfzijl? Jedenfalls wurde dort 1966 ein Maigret-Denkmal enthüllt. Mit dabei: Georges Simenon und einige Maigret-Darsteller. Bild: dpa | DB epu

Simenon, zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt, hatte zuvor schon hunderte Groschenromane geschrieben. In einigen gab es einen Polizisten namens Maigret, aber ein richtiger Charakter wurde daraus erst, als Simenon die beiden Romane "Das Haus der Unruhe" und "Pietr der Lette" verfasste. Das war um 1929. Und war das wirklich in Delfzijl? Simenon reiste ein Jahr lang mit seiner Frau im eigenen Boot über die Kanäle von Nordfrankreich, Belgien und Holland und gelangte schließlich auch nach Delfzijl, Emden und Wilhelmshaven.

Von Delfzijl mach Wilhelmshaven – oder andersherum?

Es gibt viele widersprüchliche Angaben über jene Reise, sagt der Oldenburger Detlef Rossmann, ein begeisterter Simenon-Leser, der sich eingehend mit dem Autor befasst hat. Es gibt Indizien zum Reiseweg: In Delfzijl musste Simenons Boot abgedichtet werden – das war im Winter. Im Sommer zuvor lag das Schiff definitiv eine Weile in Wilhelmshaven, sagt Rossmann, denn Simenon hat den Südstrand genau beschrieben, und da wurde gebadet.

Krimiautor unter Spionageverdacht

Genaueres ließe sich vielleicht in preußischen Polizei- und Militärakten finden, vermutet der Oldenburger. Denn in Wilhelmshaven geriet Georges Simenon unter Spionage-Verdacht; in den 1920er Jahren beobachtete das Ausland sehr aufmerksam, ob die deutsche Marine heimlich aufrüstete. Detlef Rossmann sagt dazu: "Dass da ein Belgier mit einem französischen Boot eine Woche in Wilhelmshaven liegt, spazieren geht und sich die Boote anguckt – da würde ich als preußischer Polizeioffizier vielleicht auch stutzig werden und fragen: Was macht der hier?"

Das Ende meiner Recherche war, dass man es nicht genau rauskriegen wird. Aber interessant war's!

Detlef Rossmann über Simenon in Wilhelmshaven

Simenon und seine Frau Régine wurden vorsorglich ausgewiesen und schipperten vermutlich Richtung Delfzijl, wo später die erwähnte Reparatur stattfand. Dort, westlich des Dollart, steht seit gut 50 Jahren ein Maigret-Denkmal. In Wilhelmshaven erinnert dagegen gar nichts daran, dass möglicherweise hier im ehemaligen Kohlehafen ein weltberühmter Krimiheld erdacht wurde. Aber so genau weiß das ja auch niemand, bedauert Detlef Rossmann: "Das Ende meiner Recherche war, dass man es nicht genau rauskriegen wird. Aber interessant war's!"

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Vormittag, 12. April 2021, 10:40 Uhr.

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