Die regionale Reportage Warum diese Kirche in Bremen-Burglesum keine Mutter hat

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Die Moorlosen-Kirche in Burglesum
Woher der Name der Moorlosen-Kirche stammt lässt sich nur vermuten. Bild: Radio Bremen | Jana Wagner

"Die Kirche im Dorf lassen" ist ein geflügelter Ausdruck. Bei der Moorlosen Kirche im Bremer Stadtteil Burglesum passt der aber nicht. Die Kirche steht nämlich ganz einsam am Deich.

Die Moorlosen-Kirche in Burglesum

Die Moorlosen-Kirche in Burglesum

"Die Kirche im Dorf lassen" ist ein geflügelter Ausdruck. Bei der Moorlosen Kirche im Bremer Stadtteil Burglesum passt das aber nicht. Die Kirche steht nämlich ganz einsam am Deich.

Bild: Radio Bremen | Jana Wagner

Gisela Heilshorn sitzt auf der schmalen Holzbank der Moorlosen Kirche. Ihr Blick wandert an die hölzerne Kirchendecke. Mehrere Male wurde die backsteinrote Kirche wieder aufgebaut, zuletzt 1846. Wer auf ihren Turm klettern würde, könnte von oben auf den grünen Deich und die Weser schauen, auf die abzweigende Ochtum und die weiten Wiesen des Naturschutzgebiets Werderland. Nur Häuser gibt es hier keine.

Die mutterlose Kirche

Eine alte Karte
Der Verlauf der Weser hat sich mit den Jahren geändert. Bild: Heinrich Hoops: "Mittelsbüren und das Werderland". Johann Heinrich Döll Verlag, Bremen 1905

Diedrich Heumann ist wie Gisela Heilshorn seit seiner Kindheit mit der Kirche eng verbunden. Er erzählt, dass sich die Landschaft um die Kirche in den Jahrhunderten sehr verändert hat. Allen voran der Lauf der Weser. Auf einer alten Karte zeichnet er mit den Fingern den Verlauf nach. Heute verläuft die Weser direkt am Niederbürener Deich entlang. "Der Hauptarm der Weser verlief auf der anderen Seite von Altenesch. Aber den hat man verlanden lassen und hat dann diesen genommen als Hauptstrom", erzählt Heumann. Die Weser ist damals noch kein breiter Strom, sondern ein viel verzweigtes Flüsschen mit mehreren Armen. Warum Diedrich Heumann diese Karte zeigt, hat auch etwas mit dem Namen der Kirche zu tun.

Als die Weser ihren Lauf änderte, war diese Gemeinde abgespalten von Altenesch, das heißt, sie war sozusagen mutterlos.

Diedrich Heumann

Der Begriff "mutterlos" lässt sich vom plattdeutschen "moderloos" und dann auf "moorlos" zurückführen. Der veränderte Weserlauf könnte die um 1300 erbaute Kirche von ihrer Gemeinde Altenesch abgespalten und somit "mutterlos" gemacht haben, sagt Heumann. Im 13. Jahrhundert gibt es noch das Dorf Büren. Durch den veränderten Lauf der Weser trennt sich das Dorf in mehrere Teile. Im Jahr 1887 wird die Weser dann noch einmal verbreitert und begradigt – Bremen soll zukünftig wieder mit Seeschiffen angelaufen werden können.

Sagenumwobener Name

Eine Frau in einer roten Jacke und ein Mann in einer schwarzen Jacke stehen vor einer braunen Kirchentür
Gisela Heilshorn und Diedrich Heumann kennen die Geschichte der Moorlosen-Kirche. Bild: Radio Bremen | Jana Wagner

Doch der Name Moorlose Kirche ist durch den veränderten Lauf der Weser nicht endgültig geklärt. Noch heute ranken sich vielen Sagen um den Namen. Gesichert ist davon keine, sagt Heumann. Auch nicht diese Geschichte, die davon erzählt, wie die Bürener einen passenden Ort für eine Kirche suchten: "Sie gingen den Deich auf und ab und fanden an der Weser eine Wiege ohne Kind. Und dann sagten sie: Das ist ein Zeichen Gottes, hier wird eine Kirche gebaut."

Dass es um die Kirche so einsam ist, hat aber nicht nur etwas mit der Weser zu tun. Bis Mitte der 1950er-Jahre liegt um die Kirche das Dorf Mittelsbüren. Als die Klöckner-Werke ein Stahlwerk in Bremen errichten, muss der größte Teil des Dorfes bis auf die Moorlosen-Kirche weichen, erinnert sich Gisela Heilshorn:

39 Häuser und 12 aus Niederbüren. Die mussten hier das Dorf verlassen, weil die Stahlwerke gekommen sind.

Gisela Heilshorn

So hat sich der Namen "Mutterlos" in der Geschichte ein zweites Mal bestätigt.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 10. Mai 2021, 10:40 Uhr

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