Im Porträt Wie Hasnain Kazim mit Hass umgeht
Standdatum: 14. September 2024.
Hasnain Kazim ist politischer Journalist und Autor. Mit seiner kritischen Berichterstattung, seiner Beschäftigung mit dem Populismus und gesellschaftlicher Spaltung eckt er an. Täglich erhält er Hassbotschaften. Als Bremen-Zwei-Live-Gast erzählt er, wie er damit umgeht.
Hasnain Kazim liebt Grünkohl. Und hat da feste Prinzipien: In seinen Grünkohl kommen keine Haferflocken. Dazu gibt es keine Salzkartoffeln, sondern unbedingt karamellisierte Kartoffeln. Der Grünkohl ist so etwas wie ein Symbol seiner norddeutschen Heimat. Er ist in Oldenburg geboren und in Hollern-Twielenfleth im Alten Land aufgewachsen. Heute lebt er als freier Autor in Wien – wo das mit dem Grünkohl schwierig ist.
Wider den Hass
Bevor er nach Wien zog, arbeitete er als Spiegel-Auslandskorrespondent in Pakistan und der Türkei. Ob Terroranschläge in Pakistan, hasserfüllte Erdoğan-Anhänger in der Türkei oder Pegida in Deutschland: Seine Arbeit wird für ihn auch gefährlich. Immer wieder erhält Hasnain Kazim Morddrohungen, stand schon unter Polizeischutz. Hassnachrichten bekommt er täglich. So traurig es sei, man würde sich daran gewöhnen, sagt er. Als Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer bekomme Kazim auch zu hören, er sei kein richtiger Deutscher. Vor einigen Jahren veröffentlichte er das Buch "Post von Karlheinz", in dem seine Dialoge mit wütenden Bürgern zu lesen sind. Seine Antworten auf die Hassnachrichten fallen schlagfertig und humorvoll aus.
Keinen Millimeter gehe ich zurück!
Hasnain Kazim über Hassnachrichten
Sich nicht mehr zu äußern, komme für ihn nicht infrage. Denn dann würden die Menschen, die ihm diese hasserfüllten Nachrichten schrieben, ja ihr Ziel erreichen. "Keinen Millimeter gehe ich zurück", sagt Kazim. Er würde sich selbst aber nicht als mutigen Menschen bezeichnen. "Es gibt Leute, die das behaupten. Aber nein, ich bin vor allem ein neugieriger Mensch."
Wider die Spaltung
Seine Neugierde richtet sich oft auf das gesellschaftliche Miteinander. Die Gesellschaft sei in Sachfragen gespalten, etwa zum Krieg in der Ukraine oder im Nahen Osten, sagt er. "Was mir fehlt, bei ganz vielen Fragen, ist eine differenzierte Auseinandersetzung."
Man muss auch zuhören und überlegen: Ist die eigene Position noch richtig oder nicht?
Hasnain Kazim setzt auf den Dialog
Wir würden heute sehr dazu neigen, aus dem politischen Gegner gleich einen Feind zu machen – und gar nicht mehr miteinander zu reden. "Aber man muss sich eben auch andere Meinungen anhören. Nicht nur aushalten", so Kazim. "Aushalten hieße ja: 'Ja, rede du mal, aber ich höre dir nicht zu.' Man muss auch zuhören und überlegen: Ist die eigene Position noch richtig oder nicht? Und sie dann verändern. Ist ja auch nichts Schlimmes, wenn man seine eigene Position mal verändert."
Mit dem Rad auf Deutschlandtour
Und dann ist da noch das Radfahren. Hasnain Kazim liebt es. Er hat sieben Fahrräder. Mit einem davon, seinem Klapprad, hat er sich jüngst auf eine Tour kreuz und quer durch Deutschland gemacht, immer entlang der Flüsse. "Das Fahrrad hat den riesigen Vorteil, dass man einerseits schnell genug ist, um Strecke zu machen und nicht ewig unterwegs ist. Und auf der anderen Seite langsam genug, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen."
Denn er ist aus einem bestimmten Grund losgefahren: Er wollte herausfinden, was Deutschland und die Menschen im Land eint. Aus seinen Erlebnissen und den Antworten, die er auf der Reise gefunden hat, ist nun sein aktuelles Buch entstanden: "Deutschlandtour".
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 14. September 2024, 11:05 Uhr