Im Porträt Warum Denis Scheck über mehr als Literatur urteilt

Autor/Autorin

  • Anna Maria Stock
Denis Scheck sitzt auf einem Sessel auf der Bremen Zwei Bühne
Zu Gast in Bremen auf Einladung von Bremen Zwei: Denis Scheck Bild: Radio Bremen | Jana Wagner

Es gehört zu seiner Aufgabe zu urteilen, und zwar über gute und schlechte Bücher. In erster Linie ist Denis Scheck Literaturkritiker. Doch mindestens genauso gerne wie über Literatur spricht und schreibt er über das Kochen und Essen - und über seinen Hund.

Denis Scheck sitzt auf einem Sessel auf der Bremen Zwei Bühne
Denis Scheck

"Bahnhöfe sind für mich kulinarische Todeszonen" – Denis Scheck

Denis Scheck ist Deutschlands bekanntester Literaturkritiker und wohl auch der gefürchtetste. Doch er ist auch leidenschaftlicher Gourmet und Hobbykoch.

Bild: Radio Bremen | Jana Wagner

Denis Schecks literarischer Lieblingsheld ist Lord Peter Wimsey. Der adelige Detektiv stammt aus der Feder der englischen Krimi-Schriftstellerin Dorothy Sayers. Von Lord Peter Wimsey hat sich Denis Scheck so einiges abgeschaut. Wie zum Beispiel das Ritual, mit dem er in den Tag startet: ein morgendliches Bad, und zwar stets mit Buch.

Was ich als erstes lese, morgens in der Badewanne, das lasse ich mir ungern von meinem Beruf diktieren.

Denis Scheck über seine Lese-Vorlieben

Als Literaturkritiker liest er viel. Dabei gibt es für Denis Scheck aber eine wichtige Regel: "Das, was ich als erstes lese, morgens in der Badewanne, das lasse ich mir ungern von meinem Beruf diktieren. Und das, was ich zum Schluss lese, beim Einschlafen im Bett, das möchte ich auch frei wählen können." Dann lese er zum Beispiel antike Literatur von Ovid, Horaz oder Sappho.

Lustvolle Verrisse und überschwängliches Lob

Ursprünglich habe er Archäologe werden wollen. Es kam anders: Als Literaturkritiker kennt man ihn vor allem aus seiner ARD-Literatursendung "Druckfrisch", in der er hauptsächlich Neuerscheinungen bespricht. Dabei ist er sehr klar in seinem Urteil. Bücher, die er mag, lobt er begeistert. Bücher, die er nicht mag, haut er wortwörtlich in die Mülltonne. In diesem Jahr feiert die Sendung ihr 20-jähriges Bestehen.

Ich möchte etwas über den Menschen erfahren, der mir gegenübersitzt.

Denis Scheck über die Interviews, die er für "Druckfrisch" führt.
Denis Scheck sitzt auf einem Sessel auf der Bremen Zwei Bühne, rechts von ihm Moderatorin Katrin Krämer
Denis Scheck und Katrin Krämer auf der Wintergäste-Bühne im Café Noon im Theater Bremen. Bild: Radio Bremen | Anna Maria Stock

Für "Druckfrisch" reist er um die ganze Welt, um mit Autorinnen und Autoren zu sprechen. In den Gesprächen richtet er die Aufmerksamkeit weniger auf das Buch als auf die Person, die es geschrieben hat. "Ich möchte etwas über den Menschen erfahren, der mir gegenübersitzt. Die Handlung eines Buches ist uninteressant." Ihn interessiere zum Beispiel viel mehr, was sie über den Tod tröstet, oder über eine unerwiderte Liebe: "Es sind also häufig Gespräche über die letzten Dinge".

Keine Lust, den Stallknecht zu spielen

Seine Liebe zur Literatur fand er früh. Nachdem seine Eltern von Stuttgart in ein entlegenes Dorf zogen, war das Lesen ein Mittel, um der ländlichen Langeweile zu entfliehen. Auch seine Angewohnheit, einen Dreiteiler zu tragen, stammt aus dieser Zeit. Ursprünglich war sie Ausdruck seiner Rebellion gegen das, was der Stiefvater auf dem Hof mit ihm vorhatte: "Ich hatte überhaupt keine Beziehung zu Pferden und keine Lust, den Stallknecht zu spielen. Deshalb habe ich mich anders orientiert. Ich trug dann die Anzüge meines Großvaters auf und legte mir einen Gehstock zu, wie mein Held Dagobert Duck."

Mit gerade einmal 13 Jahren gründete er eine Literatur-Agentur. Zwei Jahre später zog er von zu Hause aus und arbeitete fortan als Übersetzer. Später war er Literatur-Redakteur beim Deutschlandfunk. Heute ist er der vielleicht bekannteste Literaturkritiker Deutschlands. In seinem Buch "Schecks Kanon" präsentiert er die seiner Meinung nach 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur. Zurzeit arbeitet er am Gegenteil: Für den SWR produziert er "Schecks Anti-Kanon". In kurzen Filmen bespricht er die – wie er findet – schlechtesten Bücher der Weltgeschichte.

Kulinariker und Hundefreund

Denis Scheck sitzt auf einem Sessel auf der Bremen Zwei Bühne und hält ein paar Labskaus-Socken hoch
Bekam als Zwischengang ein paar Labskaus-Socken serviert: Bremen Zwei Wintergast Denis Scheck Bild: Radio Bremen | Jana Wagner

Aber Denis Scheck hat nicht nur einen ausgeprägten literarischen Geschmacksinn. Als Hobbykoch und Gastrokritiker richtet er seine Urteilskraft auch auf das Kochen und Essen. "Mir ist die Kocherei buchstäblich in die Wiege gelegt worden. Meine Großmutter war Profi-Köchin", sagt er. Eine Zeitlang bekochte sie den späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss. Außerdem findet er: „Der Begriff Bestseller ist an sich schon eine Warnung“. Das gelte sowohl für Essen als auch für Literatur. Denn bei den zehn meistverkauftesten Gerichten schießt ihm schon die Magensäure hoch.

Seine schwäbische Heimat hat Denis Scheck inzwischen verlassen. Heute lebt der 58-Jährige in Köln. Wenn er nicht liest oder kocht oder berufsbedingt auf Reisen ist, bespaßt er seinen Jack-Russell-Terrier "Stubbs". Zusammen mit seiner Frau, der Journalistin Christina Schenk, hat er kürzlich sogar ein Buch über Stubbs geschrieben: "Der undogmatische Hund".

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 28. Januar 2023, 18:05 Uhr

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