Im Porträt Dieser Sammler aus Delmenhorst hat der Kunsthalle ein Geschenk gemacht

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Alfred Moeke
Christoph Grunenberg, Direktor der Kunsthalle Bremen und Kuratorin Friederike Quander freuten sich über Alfred Moekes (rechts) großzüge Schenkung. Bild: Kunsthalle Bremen

Mit internationalen Finanzdienstleistungen hat der Delmenhorster Unternehmer Alfred Moeke Zeit seines Lebens sein Geld verdient. Einen Teil davon hat der heute 90-Jährige in Kunst investiert. Vor Kurzem hat der in Schlesien geborene Sammler 54 Bilder und Zeichnungen aus seiner Sammlung der Kunsthalle Bremen geschenkt.

Alfred Moeke
Alfred Moeke

Gesprächszeit Nach Flucht und Vertreibung wurde dieser Unternehmer Kunstsammler

Der 90-jährige Unternehmer Alfred Moeke hat Zeit seines Lebens Kunst gesammelt. Einen Teil seiner Sammlung hat er vor kurzem der Kunsthalle Bremen geschenkt.

Bild: Kunsthalle Bremen

Der Delmenhorster Kunstsammler Alfred Moeke hatte für den Kunstverein eine ganz besondere Überraschung zum 200. Geburtstag. Die Kunsthalle Bremen konnte sich über eine großzügige Schenkung freuen. Der Abschied von seinen Bildern fällt dem 90-jährigen Alfred Moeke nicht immer leicht: "Das ist so, als wenn die Kinder aus dem Hause gehen. Sie haben ja eine Beziehung zu den Bildern. Die wachsen Ihnen ja immer mehr zu. Und wenn die dann aus dem Haus gehen, ist das wie bei Kindern, dann verlieren sie die. Aber ich weiß, dass sie jetzt in guten Händen sind und für die Öffentlichkeit, dass die auch daran Freude haben kann."

Das erste Bild lag auf dem Boden einer Galerie

Seine "Kinder" waren in diesem Fall 54 Werke des US-amerikanischen Künstlers Holmead. Sie werden nun in einer kleinen Ausstellung in der Kunsthalle gezeigt. Die ersten Bilder des Malers hatte Alfred Moeke zufällig entdeckt, in einer Kunstgalerie in Bremen: "Die lagen bei der Galerie Ohse in der Contrescarpe unten auf der Erde, ohne Rahmen, wie gerupfte Hühner. Die hab ich einfach gekauft, weil mir das Pastöse gefiel. Ich wusste ja gar nicht, wer der Maler ist."

Sie hat mich wie einen Sohn behandelt.

Alfred Moeke über die Witwe des Künstlers Holmead
Alfred Moeke
Alfred Moeke neben Christoph Grunenberg, dem Direktor der Kunsthalle Bremen anlässlich der Holmead-Schenkung Bild: Kunsthalle Bremen

Jahrzehntelang hat Alfred Moeke nicht nur Holmeads Bilder gesammelt, sondern auch dessen öffentliche Anerkennung vorangetrieben, Publikationen und Ausstellungen initiiert, sogar in den USA, in Shippensburg, in Holmeads Geburtsort. Den Künstler selbst hat er nicht mehr kennengelernt, aber dessen Witwe Elisabeth Philipps, eine gebürtige Bremerin, die nach Holmeads Tod wieder in Bremen lebte: "Sie hat mich wie einen Sohn behandelt. Wenn ich mal eine Woche nicht da war, rief sie mich an. ‚Alfred‘, sagte sie immer, ‚Sie waren aber lange nicht da‘. Ich sagte, ‚ich war erst vor einer Woche da.‘ ‚Das ist aber lange‘, sagte sie."

Geboren in Schlesien, vertrieben ins Sudetenland

Beruflich hatte Alfred Moeke nichts mit den schönen Künsten zu tun. Er war Unternehmer und Finanzdienstleister in Delmenhorst, und auch international tätig: Auf Fuerteventura baute er Ferienwohnungen, in Bangkok leitete er zehn Jahre eine Firma, die Laborgläser herstellte. Erst mit 72 Jahren ging er in den Ruhestand.

Und dort kamen die Tiefflieger und haben den Zug beschossen.

Alfred Moeke über seine Erlebnisse im Sudentenland Ende des Zweiten Weltkriegs

Geboren wurde Alfred Moeke 1933 in Bad Salzbrunn in Niederschlesien, mitten in die Zeit des Nationalsozialismus hinein. Der Vater zog in den Krieg, die Mutter musste ihre fünf Kinder allein durchbringen. 1945 zwang die deutsche Wehrmacht die Familie zur Ausreise ins Sudetenland: "Dann wurden wir mit dem letzten Lazarett-Zug von Waldenburg mit den Verwundeten und Soldaten nach Tschechien gebracht. An die tschechische Grenze. Und dort kamen die Tiefflieger, die Russen, und haben den Zug beschossen. Und da brannten die Munitionsanhänger und wir – meine Mutter und wir Kinder - sind raus in einen Graben, der neben den Gleisen war."

Schwieriger Neuanfang in Delmenhorst

Als das russische Militär ins Sudetenland einmarschierte, kehrte die Familie zurück in die ebenfalls besetzte schlesische Heimat. Tagelang waren sie unterwegs, meistens zu Fuß. Als sie in Bad Salzbrunn ankamen, war die Wohnung geplündert und mit Kot beschmiert. Immerhin fand der 12-jährige Alfred Arbeit bei den russischen Besatzern und versorgte damit die Familie, bis die deutsche Bevölkerung 1946 endgültig aus Schlesien ausgewiesen wurde: "Sie werden gar nicht mehr als Mensch betrachtet, sondern wie ein Stück Vieh, das im Stall ist."

Es hieß: Die hätten sie lieber in die Oder schmeißen sollen!

Alfred Moeke über die Reaktionen der Norddeutschen gegenüber den schlesischen Flüchtlingen

Mit einem Güterzug ging es über Friedland nach Delmenhorst. Dort lebte die Familie zunächst in einer Kaserne auf Strohlagern. Die Norddeutschen zeigten keine Sympathie für die Heimatlosen aus dem Osten: "Es hieß: Die hätten sie lieber in die Oder schmeißen sollen!"

Der Zeitzeuge sorgt sich um das Weltgeschehen

Krieg und Vertreibung haben Alfred Moekes Kindheit und Jugend geprägt. Seine Generation gehört zu den letzten Kriegszeitzeugen. Das aktuelle Weltgeschehen bereitet ihm große Sorgen: "Ich habe geglaubt, dass sich nach dem Weltkrieg so etwas nicht mehr wiederholt, aber es wiederholt sich täglich, leider.“

Ich frage mich immer, wo sind die Jahre geblieben? Wie in einem Schnellzug, vorbei.

Alfred Moeke, wenn er auf sein Leben zurückschaut

In seinen 90 Lebensjahren hat Alfred Moeke viel von der Welt gesehen. Jetzt geht er "dem Sonnenuntergang entgegen" wie er sagt. Er bezeichnet sich als christlichen Menschen und ist außerdem dem Buddhismus sehr zugetan. Während seiner beruflichen Zeit in Bangkok war er mit dem Leiter eines buddhistischen Tempels befreundet. Dankbar und zufrieden blickt Alfred Moeke auf sein Leben zurück. "Ich frage mich immer, wo sind die Jahre geblieben? Wie in einem Schnellzug, vorbei. Weil ich immer engagiert war."

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 1. September 2023, 18:05 Uhr

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