Die Morgenandacht Maria – eine von uns

Theologe Heinrich Siefer
Theologe Heinrich Siefer

Die Morgenandacht Maria – eine von uns

Lange konnte Heinrich Siefer mit dem Kitsch um Maria nichts anfangen. Doch seine Einstellung zur Gottesmutter änderte sich aus zwei Gründen.

Bild: Katholischer Gemeindeverband Bremen | Christof Haverkamp

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Lange konnte Heinrich Siefer mit dem Kitsch um Maria nichts anfangen. Doch seine Einstellung zur Gottesmutter änderte sich aus zwei Gründen.

In meinem Elternhaus steht auf einem Regal neben einer großen Bank eine Marienfigur. Seit meiner Kindheit steht sie dort, sie ist gut 50 Zentimeter groß und blau, golden und gelb bemalt.

Neben der Gottesmutter steht eine Kerze und oft auch ein Strauß frischer Blumen. Angezündet wurde die Kerze in den Marienmonaten Mai und Oktober, wenn jemand schwer krank war oder ein schweres Gewitter aufzog. Sie brannte aber auch zu anderen "Notzeiten", etwa bei wichtigen Klassenarbeiten und Prüfungen. Das war einfach selbstverständlich. Maria hatte ihren festen Platz bei uns in der Küche – und im Leben. Ich weiß, als Kind habe ich sie mir häufig angesehen. Ihr liebevolles Gesicht hat mich fasziniert.

Später, als Jugendlicher, verlor sich diese "kindliche" Nähe. Ich hatte weniger Augen für die Mutter Gottes. Doch in unsrer Küche behielt sie ihren Platz. Sicher hat meine Mutter auch weiterhin die Kerze bei der Marienfigur zu besonderen Zeiten entzündet. Ich habe das allerdings kaum bemerkt. Hatte keine Augen dafür.

Meine Einstellung änderte sich erst wieder, als ich Jahre später als Praktikant in einem Seminar für ältere Menschen mitmachte. Es war im Kardinal-von-Galen-Haus in Stapelfeld bei Cloppenburg. In der Mittagspause saßen einige ältere Frauen zusammen und erzählten beeindruckt von Marienwallfahrtsorten. Sie hatten auch Erinnerungsmedaillons mitgebracht und betrachteten diese miteinander. Ich kam dazu, setzte mich, hörte zu.

Sie zeigten mir dann auch ihre Schätze, erzählten mir, was sie ihnen bedeuteten, und fragten beiläufig: "Was halten Sie denn von Maria?" Ich weiß noch gut, wie ich mich gewunden habe und schließlich antwortete: "Also, mit all den Bildern und dem Kitsch um Maria herum kann ich wenig anfangen!" Und da habe ich gemerkt, dass sie für mich weit weg war, die Mutter Gottes. Doch dann meinte eine von den Frauen: "Aber Maria, das ist doch eine von uns!"

Das hat mich nachdenklich gemacht. So hatte ich das bisher noch nicht gesehen. Als kleines Kind hatte ich es vielleicht gespürt, wenn ich das vertraute Gesicht der Maria bei uns in der Küche anschaute. Unbeabsichtigt hatten die Frauen mir mit ihrer Antwort Maria wieder ein Stück näher gebracht. Ich habe mich danach weiter mit Maria beschäftigt, Bücher gelesen, Bilder betrachtet. Doch richtig nahe kam sie mir erst wieder, als meine Frau und ich unser erstes Kind im Arm hielten: Maria, das ist eine Frau, die Leben gibt, die Ja gesagt hat zu dem Kind, das in ihr heranwuchs. Mit ihrem Ja wurde von Gott ein neuer Anfang gesetzt – mit allen Menschen.

So konnte und wollte Gott zur Welt kommen. Doch das ist eben erst der Anfang. Damit Gott auch heute zur Welt kommen kann, braucht er Menschen, die immer wieder Ja zu ihm sagen. Der Dichter Angelus Selesius hat das einmal so formuliert: Wär Jesus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir. Die Welt wär dennoch verloren! Am Anfang von Weihnachten steht ein Ja.

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