Die Morgenandacht Gewalt ist eine Möglichkeit des Handelns

Wolkenhimmel, dahinter Lichtstrahl

Die Morgenandacht Gewalt ist eine Möglichkeit des Handelns

"Kein Platz für Gewalt". So heißt eine aktuelle Veranstaltungsreihe der Bremischen Evangelischen Kirche. Sie setzt sich mit den Themen "Gewalt" und "sexualisierte Gewalt" auseinander. Die Morgenandachten dieser Woche sind Teil dieser Reihe von Ragna Miller.

Bild: Pixabay

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Gewalt ist eine Möglichkeit des Handelns.
Ob ich das will oder nicht.
Ich habe die Möglichkeit, Gewalt anzuwenden.
Du hast die Möglichkeit, Gewalt anzuwenden.
Wir alle haben diese Möglichkeit.
Wir alle können schlagen, treten, verletzen. Können unterdrücken mit Worten und Taten.
Ein Mensch kann immer Gewalt anwenden.

Schon klar, der Mensch muss keine Gewalt anwenden, aber er kann. Gewalt ist immer eine Möglichkeit, die gewählt werden kann.
Gewalt ist keine Randerscheinung, sondern eine Option.
Tag für Tag.
Ein schrecklicher Gedanke.
Ich hatte Gewalt stets als Extremfall wahrgenommen.
Als einen Fehler in menschlichen Beziehungen.
Als letztes Ergebnis, wenn alles andere schiefläuft.
So wollte ich das sehen. So konnte ich Gewalt als eine Erscheinung an den Rändern beschreiben. An den Rändern und Abgründen von Freundschaften, Beziehungen, Bekanntschaften. Als seltenes Phänomen.
Ich dachte mir: Ach, die Gewalt streicht dort um den Zaun herum, den wir Menschen um unser Zusammenleben errichtet haben. Sie faucht und brüllt, aber wir lassen sie nicht hinein. Der Zaun hält.
Nur manchmal bricht die Gewalt hindurch. Bricht sich Bahn. Nur manchmal. Die Gewalt gehört nicht wirklich dazu – zu uns Menschen.
So dachte ich mir das. Und das stimmt nicht. Gewalt ist kein Zaungast. Ist nicht fremd. Gewalt ist immer eine Möglichkeit des Handelns.
Jeder Mensch kann Gewalt anwenden. Jetzt und gleich und morgen.
Wir haben die Macht zu verletzen. Und wir sind verletzlich.

Und nun?
Was mache ich denn jetzt, wo ich weiß, dass die Gewalt nicht hinter dem Zaun wohnt, sondern mein Nachbar ist? Meine Mitbewohnerin?
Es ist an der Zeit, ehrlich zu sein. Wir Menschen sind nicht gut und rein. Die Gewalt ist genau hier und nicht hinter dem Zaun. Ich muss darüber reden. Nicht länger darauf bauen, dass die Legende der Sanftmut uns weiterbringt. Ich rede mit mir. Mit den dunklen Ecken meiner Seele, in denen Gewalt brüllt und faucht. Ich rede mit dir. Über Gewalt, Macht, Angst und Ohnmacht. Und ich will darauf vertrauen, dass Worte in jedweder Gestalt, stets die bessere Option sind als Gewalt.

Autor/Autorin

  • Ragna Miller

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