Poetry on the Road Diese 5 Lesungen sollten Sie nicht verpassen!
Standdatum: 13. Juni 2022.

Zu erleben sind sie alle – und noch einige mehr – vom 17. bis 19. Juni beim Internationalen Literaturfestival "Poetry on the Road" in Bremen. Seit über zwei Jahrzehnten ist das jährliche Festival fester Bestandteil der Bremer Kulturszene. Es wird veranstaltet von der Hochschule Bremen und Radio Bremen. Autorinnen und Autoren der Weltliteratur Seite an Seite mit hochinteressanten Neuentdeckungen. Diese fünf Lesungen sollten Sie nicht verpassen:
1 Temye Tesfu: sprachverliebter Silbengewittermacher

Als Solokünstler und mit seinem Spoken-Word-Ensemble lässt er sehr erfolgreich Reime von der Bühne prasseln. Auftritte in Chicago, Ramallah und Taschkent, ein Livehörspiel, Artikel in der taz, analyse & kritik und Neues Deutschland. Mitbegründer der Lesebühne parallelgesellschaft, die sich als Mischung aus Lesung, Konzert, Stand-Up und Polit-Talk beschreiben lässt. Als "Mimimi"-Mitbürger mit Migrationsgeschichte – ein Zitat von Samy Deluxe – und Arbeiterkind staunt Temye Tesfu immer noch, dass man mit Schreiben Geld verdienen kann.
Schreiben: Ein Handwerk? Das ist nicht korrekt!
Es ist nur ein Sandberg, ein Sedimentturm.
Der Glasmacher bläst dir ein Fenster daraus.
Der Dichter bläst Luft und hält sich für den Sturm!
Ein Lob auf sie alle, die Macher von Dingen!
Ich will immerhin diese Hymne euch singen!
Temye Tesfu liest am Samstag, 18. Juni, im Theater am Leibnizplatz. Beginn: 19 Uhr.
2 Maud Vanhauwaert: Gedichte mit doppeltem Boden

Die Belgierin Maud Vanhauwaert ist Schriftstellerin und Schauspielerin. Eine glückliche Kombination, denn ihre Lesungen sind echte Erlebnisse. Wenn sie nicht gerade an einem ihrer preisgekrönten Gedichtbände schreibt, steht sie auf der Theaterbühne, unterrichtet Drama am königlichen Konservatorium in Antwerpen, veranstaltet Konzerte und Literaturevents. Ihre Gedichte bringen die vielen kleinen und großen Absurditäten des menschlichen Lebens schmerzhaft klar auf den Punkt. Gleichzeitig stecken sie voller Humor und Spielfreude. Ein Widerspruch? Nicht für Maud Vanhauwaert.
Schau ein Mann und ein Hund
gerade noch stemmten sie sich gegen den Wind
jetzt kauern sie beide an der Straße
Ich denke, was für ein Glück, dass sich alles hier nur
um einen Hundehaufen dreht…
Maud Vanhauwaert liest am Freitag, 17. Juni, im Theater am Leibnizplatz. Beginn: 19 Uhr.
3 Jan Wagner: der sanfte Großmeister

Es gab zwei große Paukenschläge in seiner literarischen Karriere: 2015 gewann Jan Wagner als erster Lyriker überhaupt den renommierten Preis der Leipziger Buchmesse. Im Nachhall wurde sein Gedichtband "Regentonnenvariationen" zum Bestseller. 2017 der Georg-Büchner-Preis: Die wichtigste literarische Auszeichnung, die es in Deutschland zu gewinnen gibt. Oft ist es eine kleine Alltagsbegebenheit, ein flüchtiger Moment zwischen Abwasch und Altpapiertonne, der ihn inspiriert.
hinter der garage,
beim knirschenden kies, der kirsche: giersch
als schäumen, als gischt, der ohne ein geräusch
geschieht, bis hoch zum giebel kriecht, bis giersch
schier überall sprießt, im ganzen garten giersch
sich über giersch schiebt, ihn verschlingt mit nichts als giersch.
Jan Wagner liest am Freitag, 17. Juni, im Theater am Leibnizplatz. Beginn: 19 Uhr.
4 Ljuba Yakimchuk: Worte des Krieges

Sie gehört zu den wichtigsten Stimmen der zeitgenössischen ukrainischen Literatur. Ausgerechnet der Krieg sorgt nun dafür, dass sie auch außerhalb ihres Landes verstärkt Gehör findet. Den Einmarsch russischer Separatistentruppen in ihre Heimatstadt Pervomaisk im Jahr 2014 verarbeitete sie in ihrem Langgedicht Die "Aprikosen des Donbass". Im März 2022 floh Ljuba Yakimchuk vor den russischen Angriffen mit ihrem Sohn von Kiew nach Wien. Kurz darauf trat sie gemeinsam mit John Legend und zwei weiteren ukrainischen Künstlerinnen bei den Grammy Awards in Las Vegas auf.
als es die Stadt nicht mehr gab
begann der Kampf um den Friedhof
das Osterfest nahte, und die Holzkreuze
ließen ihre Papierblumen sprießen
auf frischen Gräbern
rot, blau, gelb
hellgrün, orange, himmelblau
Ljuba Yakimchuk liest am Freitag, 17. Juni, im Theater am Leibnizplatz. Beginn: 19 Uhr.
5 Babs Gons: starker Auftritt, klare Ansage

Die Autorin und Moderatorin aus den Niederlanden ist der kreative Kopf und die treibende Kraft hinter vielen Spoken-Word-Veranstaltungen. Mit ihren Texten, die Liebe und Identität in all ihren Formen erkunden, gilt sie als die Queen der niederländischen Spoken-Word-Poetry. Wegen der gesellschaftlichen Bedeutung ihrer Arbeit wird Babs Gons oft zu Veranstaltungen eingeladen, um dort ihre Texte als poetisch-soziale Kommentare zu präsentieren.
Hallo
wir wollen Sie einladen
auf unser Podium als Frau
würden Sie am Mittwoch bei unserer Veranstaltung schwarz sein wollen
wir haben eine Vorstellung und suchen Menschen wie
Sie
wie Euch
für unsere Show
für unsere Plattform
für unsere Zeitschrift
für unsere Diskussionsrunde…
Babs Gons liest am Samstag, 18. Juni, im Theater am Leibnizplatz. Beginn: 19 Uhr.
Hier finden Sie das gesamte Programm:
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 13. Juni, 06:55 Uhr