Was wir lesen Grenzen überschreiten – 5 Bücher über Widerstand, Zwang, Rache und Wut

Konflikte

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Mehrere Buchcover vor einem Lichkegel eines Strahlers in der Dunkelheit (Montage)
Bild: Imago | Blickwinkel/McPhoto/M. Gann

Max Bronski bekommt den Radio-Bremen-Krimipreis, denn: Ihm gelingt es immer wieder, Figuren zu schaffen, die vielleicht Außenseiter oder Sonderlinge sind und Grenzerfahrungen machen müssen, aber letztendlich über ihre Grenzen hinauswachsen. Hier stellen wir euch fünf Bücher vor mit Figuren oder Autoren, die sich irgendwann mal entscheiden mussten: für die eine oder andere Seite.

1 Max Bronski: "Urs, der Berserker" - Wenn man der eigenen Wahrnehmung nicht trauen kann

Max Bronski, Urs der Beserker, Edition Nautilus
Bild: Edition Nautilus

Urs Zobel ist ein Sonderling in seinem Kiez, der Hotelier betreibt das kleine Hotel Swiss in der Münchner Schillerstraße. Mit seinen Angestellten, seiner kleinen Ersatzfamilie, lebt er in einer kleinen, fast glücklichen Enklave im Rotlichtbezirk und Arbeitsstrich der Stadt. Bis ein seltsamer Hotelgast Urs von einem in Wodka eingelegten Fliegenpilz kosten lässt, angeblich ein Geheimrezept der Berserker, und Urs danach Zeuge eines tödlichen Autounfalls vor seinem Hotel wird. Kann Urs seiner Wahrnehmung trauen? Oder hat er wirklich den Mann auf dem Beifahrersitz des Unfallautos wiedererkannt? Max Bronski lässt seinen Protagonisten in „Urs, der Berserker“ mehrere Grenzerfahrungen durchleben. Urs muss entscheiden, ob er bereit ist, tief in seine Vergangenheit einzutauchen, auch wenn das bedeutet, dass er vom ruhigen Sonderling vielleicht zum wilden Berserker wird. 

Warum sich das Lesen lohnt

Max Bronski schreibt schnörkellos und mit viel Humor, seine Figuren sind nicht immer einfach aber zutiefst menschlich und absolut liebenswert. „Urs, der Berserker“ gibt außerdem einen Einblick in ein anderes München, fernab der Wiesn, teuren Wohngegenden und der schicken Innenstadt. Für seine Werke wird Max Bronski mit dem Radio Bremen Kirmipreis 2023 ausgezeichnet.

2 Deborah Feldmann: "Judenfetisch" - Über Identität, ein Plädoyer für mehr Gemeinsamkeit

Deborah Feldman, Judenfetisch, Luchterhand
Bild: Luchterhand

Was bedeutet es heute, Jüdin zu sein? Mehr noch: eine Jüdin, die in Deutschland lebt? Deborah Feldman ist in einer ultraorthodoxen jüdischen Glaubensgemeinschaft im New Yorker Stadtteil Williamsburg aufgewachsen. 2014 zog sie mit ihrem Sohn nach Berlin, einem „Ort in der Welt, an dem alle Heimatlosen zu Hause sind“, sagte Feldmann in einem Interview. Doch auch das neue „zu Hause“ bringt für Feldmann Fragen auf. Warum entscheiden sich so viele Juden und Jüdinnen für Deutschland, gibt es so etwas wie jüdisches Leben in Europa? Wie geht Deutschland mit dem Judentum um, und umgekehrt, wie gehen Jüdinnen und Juden mit ihrem Jüdischsein um? Fast zehn Jahre nach ihrem Umzug nach Berlin beschäftigt sich Deborah Feldman in ihrem Buch „Judenfetisch“ mit diesen Fragen.

Warum sich das lesen lohnt

Ein Sachbuch, das viele Fragen aufwirft, gleichzeitig aber für mehr Gemeinsamkeit über Grenzen hinweg wirbt. Von der Autorin des Bestseller-Romans „Unorthodox“.

3 Juliane Pickel: "Rattensommer" - von Liebe und Angst, Vertrauen und Eifersucht

Juliane Pickel, Rattensommer, Beltz & Gelberg
Juliane Pickel, "Rattensommer", Beltz & Geldberg, 256 Seiten, 16 Euro Bild: Beltz & Gelberg

Eigentlich wollten Lou und Sonny nur sechs Sommerwochen unbegrenzter Freiheit genießen. Seit sie denken können sind sie beste Freundinnen, es gibt sie nur im Doppelpack, sie gehen gemeinsam durch dick und dünn. Doch dann erfährt Lou, dass der Mann, der für den Tod von Sonnys Mutter verantwortlich ist, zurück in ihre Stadt ziehen wird. Lou, die eigentlich Louise heißt, beginnt Sonny mit anderen Augen zu sehen. Kann sie, muss sie, Sonny vor sich selbst retten, ihr die Rachegedanken ausreden? Und was ist mit Lous eigenen Gefühlen und Sorgen? Zuhause erhält Lou kaum Unterstützung, die Mutter versucht sich glücklich zu essen und trauert noch immer Lous verstorbener Schwester nach, während der überemotionale Vater in seinem eigenen Leid badet. In diesem Sommer ist plötzlich alles anders und Lou muss sich entscheiden, ob sie ihre aufkeimenden Gefühle für Sonny unterdrückt und einfach nur für ihre beste Freundin da sein soll. Oder ob sie sich traut aus Sonnys Schatten zu treten, um endlich einfach nur „Lou“ zu sein.

Warum sich das lesen lohnt

In Juliane Pickels Coming of Age-Roman geht es um große Gefühle, Freundschaft, erste Liebe aber auch um die Frage: wann wird Liebe toxisch?

4 Louise Kennedy: "Übertretung" - Ein Konflikt in einer tief gespaltenen Gesellschaft 

Louise Kennedy, Übertretung, Steidl
Louise Kennedy, "Übertretung", Steidl, 320 Seiten, 25 Euro Bild: Steidl

Cushla Lavery ist Grundschullehrerin, sie pflegt ihre alkoholkranke Mutter und hilft in der Bar der Familie aus. Es ist 1975 und in Belfast tobt der Bürgerkrieg, jeder Tag ist ein Balanceakt für Chushlas katholische Familie, die in einer überwiegend protestantischen Vorstadt lebt. Als sich Cushla in einen verheirateten Mann verliebt, droht das Chaos. Denn Michael Agnew ist nicht nur deutlich älter als Cushla und hat eine Familie, er ist auch Protestant. Cushla muss jeden Tag aufs neue entscheiden, verhält sie sich unauffällig oder setzt sie sich für einen Schüler ein, folgt sie ihrem Herzen und hält an der Affäre mit Michael fest oder lässt sie ihn gehen?

Warum sich das lesen lohnt

Louise Kennedys Roman erzählt von einer gespaltenen Gesellschaft, von großen und kleinen Konflikten, die jahrelang Spuren hinterlassen. Im Mittelpunkt stehen die Menschen, die inmitten täglicher Gewalt versuchen ein normales Leben zu führen.

5 Walter Trier: "V für Victory" - Widerstand bis zum Sieg über die Nazis

Walter Trier, V für Victory, Favoritenpresse
Walter Trier, "V für Victory", Favoritenpresse, 272 Seiten, 14 Euro Bild: Favoritenpresse

„Walter Trier ist unersetzlich“, sagte der Schriftsteller Erich Kästner über seinen Freund und Illustrator Walter Trier. 1929 bebildere Trier Erich Kästners erstes Kinderbuch „Emil und die Detektive“. Trier war außerdem Werbezeichner, er schuf Zeichentrickfilme und Bühnenbilder und veröffentlichte Karikaturen für die Illustrierte Filmwoche. Ende 1936 emigrierte Trier nach London, für das britische Informationsministerium das Flugblatt „Nazi-Deutsch in 22 Lektionen“. Das bei der Favoritenpresse erschienene Buch „V for Victory“ beinhaltet Triers Anti-Nazi-Karikaturen, kommentiert von Guardian Kulturchef Philip Ostermann und der Trier Expertin Antje M. Warthorst. Jedem Buch liegt außerdem ein wiederentdecktes Flugblatt Triers bei, ein Comic ohne Worte, das Adolf Hitler karikiert.

Warum sich das lesen lohnt

Walter Triers Werke bestechen durch ihre klare Bildsprache, mit viel Witz und einer Prise Bosheit zeichnet er gegen das Nazi-Regime an. Ein prachtvoller Bildband voller bunter Illustrationen des weltbekannten Walter Trier.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 29. September, 10:10 Uhr.

Bremen Zwei Livestream & aktuelle Sendung.

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