Im Porträt Mit Diversität und Hummus an die Spitze der Weltküche
Standdatum: 10. November 2023.
Haya Molcho ist eine wahre Größe am Kochhimmel. Ihre israelische und levantinische Küche hat sie international bekannt gemacht. Dreizehn Restaurants betreibt sie inzwischen in ganz Europa, zusammen mit drei ihrer vier Söhne.
Eigentlich ist Haya Molcho keine gelernte Köchin. Sie hat Psychologie studiert und ist Quereinsteigerin in ihrem Beruf. "Eine Freundin hat mich damals gefragt, ob ich Catering für eine Feier machen möchte. Und das war der Anfang", erzählt Haya Molcho auf der kleinen Bremen-Zwei-Bühne im Oldenburger Theater Laboratorium.
In den Sechzigern in Bremen
Mit ihrem Catering fing ihre Karriere als Spitzenköchin an: Alle wollten sie buchen, sagt sie, "weil ich immer außerhalb der Box gedacht habe. Ich habe mit Tomaten und Auberginen dekoriert. Und das wollten die Leute."
Wir sollten ein Kilo Auberginen kaufen. Und der Krämer hatte noch nie etwas davon gehört!
Haya Molcho über ihre Zeit in Bremen in den 1960er Jahren.
In Tel Aviv ist Haya Molcho geboren. 1964 zieht sie mit ihrer Familie nach Bremen, da ist sie neun Jahre alt. Ihr Vater ist Zahnarzt in Bremen. Und die Familie fällt auf, besonders wegen der Essgewohnheiten. Denn das, was in Israel normal war, ist auf Bremens Märkten Ende der Sechziger Jahre exotisch. "Wir sollten ein Kilo Auberginen kaufen. Und der kleine Krämer hatte noch nie etwas davon gehört" erinnert sie sich.
"Wir haben gesehen wie Deutschland damals eingekauft hat. Zwei Scheiben Mett, drei Scheiben Käse, eine Gurke." Ganz anders, die Einkaufsgewohnheiten von Haya Molchos Familie: "Drei Kilo davon, zwei Kilo davon. Der hatte mittags keine Ware mehr", lacht sie. In Bremen lernt sie ihren Mann kennen, den Pantomimen und Körpersprachen-Experten Samy Molcho. Und heiratet ihn hier Ende der Siebziger Jahre in der Synagoge. Kurz darauf ziehen sie nach Wien.
Mit 50 habe ich gesagt: Jetzt möchte ich eine Gastronomie eröffnen!
Haya Molcho über den Übergang vom Catering-Service zu ihren Restaurants.
Mit Samy Molcho hat sie vier Söhne: Nuriel, Elior, Ilan und Nadiv. Als ihr ältester Sohn erwachsen ist, entscheidet sie sich dafür, aus dem Catering-Service ein Restaurant zu machen. "Neni" – so soll es heißen. Benannt nach den Anfangsbuchstaben ihrer Söhne, erklärt Haya Molcho: "Nach der Reihenfolge wäre es eigentlich Nuriel, Elior, Ilan und Nadiv. Also 'Nein'." Weil das aber nicht so gut klingt, tauscht sie die beiden letzten Buchstaben und so wurde es "Neni". Zusammen mit drei ihrer vier Söhne betreibt sie ihre Restaurants inzwischen in ganz Europa.
Menschen sollen bei "Neni" zusammenkommen
In Österreich sind sie die ersten, die lange Tische statt viele einzelne im Restaurant haben. "Leute mussten plötzlich zusammensitzen und sich unterhalten und auch über die Schultern der anderen ein Getränk nehmen" erzählt Molcho. "Das war der Beginn von "Neni", der Beginn Menschen zusammenzubringen."
"Neni", unsere Firma und die Molchos – wir leben für den Frieden. Das, was jetzt passiert, ist für uns ein tiefer Schmerz.
Haya Molcho über den Konflikt in Israel und Gaza.
Bis heute ist das der Familie wichtig. Besonders jetzt, seit der Konflikt in ihrem Heimaltland Israel eskaliert ist. Haya Molcho ist ein herzlicher Mensch, der viel lacht. Der Konflikt in Israel mache sie mehr als betroffen, sagt sie. Ein Teil ihrer Familie lebt noch in Tel Aviv. "'Neni', unsere Firma und die Molchos – wir leben für den Frieden. Das, was jetzt passiert, ist für uns ein tiefer Schmerz. Ich bin sehr sehr traurig, ich kann mich nicht ablenken. Da hilft auch kochen nicht." Sie versucht deswegen die Menschen aufzuklären in ihrer Umgebung und in ihren Restaurants: "Alle Mitarbeiter halten zusammen." In ihren Restaurants arbeiten Muslime, Buddhisten, Christen und Juden, erzählt Haya Molcho. "Und da gibt es keine Unterschiede. Ein Mensch ist ein Mensch. Und darüber müssen wir reden. Über Menschheit."
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 10. November 2023, 18:05 Uhr