Im Porträt Meister des Gesprächs: Giovanni di Lorenzo

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  • Anna Maria Stock
Moderator Giovanni di Lorenzo im 3nach9-Studio
3nach9 Moderator Giovanni di Lorenzo erzählte auf der Bremen-Zwei-Bühne von seinen spannensten Interviews. Bild: Imago | Stefan Schmidbauer

Ob als langjähriger Talkmaster von 3nach9 oder als Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit": Hierzulande gibt es wohl niemanden, der so viele prominente Zeitgenossen interviewt hat wie Giovanni di Lorenzo. Als Bremen-Zwei-Wintergast hat er über seine aufregendsten Interviews gesprochen.

Moderator Giovanni di Lorenzo im 3nach9-Studio

Gesprächszeit Talkmaster Giovanni di Lorenzo hat noch immer Lampenfieber

3nach9 Moderator und Journalist Giovanni di Lorenzo ist ein Meister des Gesprächs. Als Bremen-Zwei-Wintergast sprach er über seine aufregendsten Interviews.

Bild: Imago | Stefan Schmidbauer

Ich finde es sehr wichtig, dass ich es auch zulasse, ab und zu von meinen eigenen Gefühlen überwältigt zu werden.

Sagt der Vollblut-Journalist, der seit 1989 die Radio Bremen Talkshow "3nach9" moderiert.
Bremen Zwei Wintergast Giovanni di Lorenzo sitzt auf der Bühne des Cafe Noon.
Giovanni di Lorenzo live auf der Bremen-Zwei-Bühne im Cafe Noon. Bild: Bremen Zwei | Anna Maria Stock

Normalerweise ist Giovanni di Lorenzo derjenige, der die Fragen stellt. Dabei findet der 64-Jährige: Der Maßstab für ein gutes Gespräch ist, wenn sich ein unerwarteter Moment zeigt. "Hat jemand einen Moment lang die Karten auf den Tisch gelegt oder in sich hineinblicken lassen? Und zwar auch, wenn er Medienprofi ist, was ja meistens der Fall ist?" Giovanni di Lorenzo hat im Laufe der Jahre mit vielen prominenten Zeitgenossen gesprochen: Angela Merkel, Umberto Eco, Daniel Cohn-Bendit – sogar Papst Franziskus hat er interviewt. Eine Auswahl seiner Interviews sind in seinem aktuellen Buch "Vom Leben und anderen Zumutungen" erschienen.

Über die Jahre habe er gelernt, als Interviewer auch manchmal die Kontrolle abzugeben, sagt di Lorenzo: "Ich finde es sehr wichtig, dass ich es auch zulasse, ab und zu von meinen eigenen Gefühlen überwältigt zu werden. Ich glaube, es ist gut, wenn man möglichst ehrlich ist. Und zum Ehrlichsein gehört auch, dass manchmal die Gefühle stärker sind als der Verstand."

Von Papst bis Autokrat

Auf seine Gespräche bereitet er sich teilweise monatelang vor. Aber bei seinem Interview mit dem Papst hat er seine Pläne kurzerhand verworfen und dem Papst schlicht und einfach Kinderfragen gestellt: "Kennst du Momente, in denen du nicht glaubst? Momente der Düsterheit? Momente, in denen Gott ganz weit weg ist für dich? Für was darf man beten? Für was nicht? Glaubst du an den Teufel?". Giovanni di Lorenzo war erstaunt, als sich der Papst darauf einließ – und sogar viel länger mit ihm sprach als geplant.

Das Interview mit Erdogan war das aggressivste, schlimmste was ich je geführt habe.

Erinnert sich der Journalist, der mit seinem Team im Sommer 2017 in die Türkei reiste.

Das sei ein ganz besonderes Erlebnis für ihn gewesen, erzählt der erfahrene Journalist, der auch brenzlige Situationen kennt: "Das Interview mit Erdogan war das aggressivste, schlimmste was ich je geführt habe. Da wollten wir nach dem Gespräch nur noch unsere Dateien in Sicherheit bringen und abhauen. Wir hatten Paranoia, dass man uns festsetzt." Damals saß der prominente Journalist Deniz Yücel in der Türkei in Haft.

Zwischen Rimini und Hannover

Publikum im Cafe Noon bei Bremen Zwei Wintergast Giovanni di Lorenzo
Wintergast Giovanni di Lorenzo sorgte für ein volles Haus im Cafe Noon. Bild: Bremen Zwei | Anna Maria Stock

Giovanni di Lorenzo ist als Sohn einer Deutschen und eines Italieners in Stockholm geboren. In seiner frühen Kindheit lebten sie im italienischen Rimini, im Kreis der Großfamilie seines Vaters. "Es war toll, dass immer was los war in diesem Haus." Die Großfamilie hatte dabei einen großen Vorteil: "Man ist dem Irrsinn der eigenen Eltern nicht 24 Stunden am Tag ausgeliefert. Ich konnte mich Onkeln, Cousins, Cousinen und Tanten anschließen, und das war wunderbar."

Als er 10 Jahre alt war, trennten sich seine Eltern und Giovanni di Lorenzo zog mit seiner Mutter und seinem Zwillingsbruder nach Hannover. Eine schwere Zeit. Denn das Ankommen in Hannover sei ihm als "Ausländer" nicht leicht gemacht worden.

Journalismus als Zufall seines Lebens

Dass er Journalist wurde, verdankt er einem Lehrer, der ihm zu einem Praktikum bei der Hannoverschen Neuen Presse in Hannover riet. Giovanni di Lorenzo sagt: "Das war der Zufall meines Lebens." Denn Journalismus habe er vorher nicht im Sinn gehabt. Ursprünglich wollte er Psychoanalytiker oder Manager werden - oder Springreiter: "Das war aber nur eine ganz kurze Phase", erzählt er lachend. Als Kind sah er begeistert das Talkshow-Format 3nach9. Seine ersten Schritte als Moderator machte er während seines Studiums bei der Jugendsendung des Bayrischen Rundfunks "Live aus dem Alabama". Seit 1989 moderiert er nun die Radio-Bremen-Talkshow. In diesem Jahr werden es 35 Jahre – und er hat keine einzige Sendung verpasst.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Wintergäste, 3. Februar 2024, 11:00 Uhr

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