Auf der Bühne Von Natur aus neugierig: Premiere des Ensembles "Of Curious Nature"

Endtropy und A Late Summer Night´s Dream

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Ein Teil des Ensembles "Of Curious Nature" während der Choreographie von A Late Summer Night´s Dream
Ein Teil des Ensembles "Of Curious Nature" während der Choreographie "A Late Summer Night´s Dream". Bild: Steptext Dance Project | Mariann Menke

Mit der Doppelpremiere "Endtropy" und "A Late Summer Night´s Dream" zeigt das Ensemble "Of Curious Nature" Choreografien des künstlerischen Leiters Helge Letonja und des Choreografenkollektivs Frantics Dance Company an einem Wochenende in der Bremer Schwankhalle, die auf die Wandlungsprozesse unserer Gesellschaft blicken.

Worum geht es?

Im ersten Stück "Endtropy" spielen die Tänzerinnen und Tänzer mit einer ganzen Reihe von Gegensätzen. Ordnung und Chaos – oder vielleicht auch Normen und Kreativität. Der Titel "Endtropy" ist ein Wortspiel – aus "Ende" und einem "Zustand der Unordnung oder Verwirrung" – und zu sehen sind eine ganze Reihe von Gegensätzen, tänzerisch zwischen Straße und Bühne angesiedelt, mit vielen Bildern. Die Choreografie stellt das menschliche Streben nach Perfektion den Reiz der Unvollkommenheit gegenüber. Gegensätze klingen hier, untermalt mit Humor und Ironie, durch den Raum und schaffen einen Bruch zwischen Natürlichem und Künstlichkeit, Optimierung sowie Makellosigkeit und Authentizität.

Ein Tänzer von Of Curious Nature auf der Bühne der Schwankhalle in Bremen
Ein Tänzer des Ensembles "Of Curious Nature" in "A Late Summer Night´s Dream". Bild: Steptext Dance Project | Mariann Menke

Das zweite Stück des Abends, "A Late Summer Night´s Dream", ist vom Leiter Helge Letonja selbst choreografiert. Allein der Titel lässt sofort die Verbindung zu Shakespeare und dem "Midsummer Night‘s Dream" im Kopf entstehen. Und es kommt immer wieder das Gefühl auf, dass diese Choreografie hervorragend in eine Inszenierung des Shakespeare-Klassikers von Thomas Ostermaier an der Berliner Schaubühne aus den frühen 2000er Jahren passt – eine bunte Lounge-Party im Wald. In diesem Stück wird, anders als in "Endtropy", das menschliche Streben nach Freiheit aufgegriffen. In einer Sommernacht, die alle Normen und Systeme aufbricht, der sich die Tänzer und Tänzerinnen hingeben im Lust-, Schöpfungs- und Kreativitätsrausch, um neue Wesenszüge an sich selbst zu entdecken.

Was gab es zu sehen?

Drei Spanier und ein Italiener choreografieren unter dem Namen "Frantics". Die Vier haben sich in Berlin gefunden und sind seither freischaffend unterwegs – in Deutschland und auch in Europa. Interessant ist vor allem, wie kohärent die Choreografie ist, denn bei sieben Tänzerinnen und Tänzern und vier Choreografen hätte vermutlich auch großes Chaos entstehen können. Ein sehr interessantes akustisches Mosaik bildet auch die Musik der beiden Stücke, eigens komponiert vom Spanier Miguel Marin. Neue Musik für neuen Tanz macht das Gesamterlebnis rund. Mit wenig Drumherum schafft es das Ensemble so, viele Bilder zu erzeugen: auf der Bühne und im Kopf.

Wie geht es weiter?

Das Tanzprojekt "Of Courious Nature" führt "A Late Night Summer´s Dream auf.
Ein besonderer Moment in der Choreographie "A Late Night Summer´s Dream". Bild: Steptext Dance Project | Mariann Menke

Leider sind vorerst keine weiteren Vorführungen dieser beiden Choreografien in Bremen geplant. Leider ist auch die Zukunft des Ensembles "Of Curious Nature" nicht dauerhaft gesichert. Der seit Jahrzehnten in Bremen lebende und schaffende Künstler, Choreograf, Tänzer und Kurator Helge Letonja hatte vor der Pandemie zusammen mit dem in Hannover ansässigen Choreografen Felix Landerer die Idee, ein neues, internationales Tanzensemble aufzubauen. Das Konzept überzeugte die Bundeskulturstiftung und Fördergelder wurden bewilligt. Dann kam die Pandemie und die Proben- und Auftrittsmöglichkeiten wurden immer weniger bis sie zeitweise ganz verschwanden. Die Tänzerinnen und Tänzer blieben – und sie wollten auch weitermachen, als die ursprüngliche Förderung auslief, Kooperationspartner absprangen und auch der Co-Gründer Felix Landerer sich wieder auf sein Ensemble in Hannover konzentrieren wollte.

Helge Letonja ist also auch ein Kämpfer – nicht mit Gewalt und Waffen, sondern mit Kunst und Kooperationen. Fast fünf Jahre nach der Gründung tanzt "Of Curious Nature" weiter. Statt im Theater Bremen unter anderem in den Theatern von Remscheid und Iserlohn. Und natürlich immer wieder auch zuhause, in der Schwankhalle in der Bremer Neustadt.

Was sagt unser Kritiker?

Drei Tänzer:innen des Ensembles "Of Curious Nature" bei einer Choreographie des Stücks "Endtropy" in der Bremer Schwankhalle
Auch in "Endtropy" bot das Ensemble Figuren und Formationen der besonderen Art. Bild: Steptext Dance Project | Mariann Menke

Das Publikum in der ausverkauften Schwankhalle war einmal mehr begeistert und ich hatte einen richtig guten Abend und möchte hier nochmals unterstreichen, dass dieses Ensemble ein großer Gewinn und ein Aushängeschild für das tänzerische Bremen ist. Aber leider eins, das nicht auf alle Zeit gesetzt ist. Denn die vielen unterschiedlichen Fördermittel, die Helge Letonja erfolgreich eingeworben hat, laufen aus und ob es vor allem Seitens des Bundes neue Fördertöpfe für den Tanz geben wird, ist derzeit leider alles andere als klar. Wir sollten uns also bewusst sein, dass etwas passieren muss, wenn wir dieses Ensemble auch in Zukunft in Bremen auf der Bühne sehen wollen.

Bremen braucht die Vielfalt im Tanz und die Stadt braucht dieses Ensemble. Auch in Zukunft. Vielleicht können dann einige tolle Ideen, die der Pandemie zum Opfer gefallen sind, doch noch verwirklicht werden. Zum Beispiel die, den Oldenburger Ballettdirektor Antoine Jully als Gastchoreografen einzuladen. Die Tänzerinnen und Tänzer von "Of Curious Nature" sind von Natur aus neugierig. Sie können noch sehr viel mehr. Und das will ich sehen!

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