Die Morgenandacht Selig sind, die Frieden stiften

Edda Bosse
Edda Bosse

Die Morgenandacht Selig sind, die Frieden stiften

Zwei Jahre Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Präsidentin der Bremischen Evangelischen Kirche, Edda Bosse, denkt angesichts dessen darüber nach, ob das biblische Wort aus der Bergpredigt in diesen Zeiten naiv ist: Selig sind, die Frieden stiften.

Bild: Bremische Evangelische Kirche

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Kriegstauglich. Verteidigungsfähig. Hätten wir uns noch vor wenigen Jahren vorstellen können, dass sich genau in diesen Februar- Tagen 2024 ein Debattenfeld um solche Begriffe aufmachen würde? Die Argumente, mit der sich die einen oder anderen um den jeweiligen Terminus versammeln, werden mit großem Engagement und merkbarer Betroffenheit vorgetragen. Wer für "kriegstauglich" plädiert, empfindet sich als realistisch. "Verteidigungsfähig" denken eher die, die ruhig abwägen und doch der Diplomatie noch etwas zutrauen. Wie schüchtern und leise sind da inzwischen die Stimmen geworden, die auf "friedfertig" plädieren. Von "Traumtänzer" bis "verantwortungslos" lauten nicht wenige Urteile.

Was ist nur aus den nahezu 70 Jahren Frieden geworden, die uns in Europa nach 1945 beschieden waren? Das frage ich mich oft in diesen Tagen.
Frieden, das ist das Normale – so waren unsere Jahre und "Selig sind, die Frieden stiften", aus der Bergpredigt, in der Jesus seine wichtigsten Anliegen für die ihm Nachfolgenden formuliert, ein schöner Satz. Es ist jetzt alles anders. Nein, Christinnen und Christen sind keine Traumtänzer und Realitätsverweigerer. Wenn ich aggressive Landnahme und Freiheitsberaubung sehe, wie sie derzeit vom Diktator Putin in der Ukraine ausgeübt wird, dann ist eine Haltung fällig, die sich aus dem Polster erhebt. Wenn ich von den Kopf-ab Killern und Serienvergewaltigern aus den Reihen der Hamas-Terroristen höre, dann weiß ich, wem meine Solidarität gehört.

Dennoch – Frieden stiften, dem Frieden nachjagen, die Füße auf den Weg des Friedens richten, das alles sind biblische Gebote, die uns aufgegeben sind. Und Jesus bezieht nicht umsonst die Seele mit ein: Selig sind, die Frieden stiften. Neben aller physischen Zerstörung, dem Verlust von Leib und Leben, ist es ja auch die Seele, der der Krieg massiv schadet. Individuell und kollektiv.

Traumatische Verletzungen, tiefe seelische Schäden, die manchmal ein Leben lang nicht heilen, können ein ganzes Land lähmen. Friedensstifterin und Friedensstifter sein heißt nicht, Rückzug in die Blase des Unpolitischen. Frieden stiften heißt, Arbeit mitten in der vom Schrecken des Krieges gezeichneten Zeit: tätige Hilfe leisten, offene Augen haben, Räume der Begegnung schaffen, zuhören, beten, die Glocken läuten, die Hoffnung auf Frieden wach halten. Die Hoffnung auf das Mögliche im Unmöglichen. Das Evangelium ist schon manchmal eine Zumutung, denn ehrlicherweise setzt Jesus ja noch eins drauf: "Liebet Eure Feinde", steht im Matthäus-Evangelium. Wie soll das gehen? In seinem Roman "Krieg und Frieden" schreibt Lew Tolstoi: "Um einen teuren Menschen zu lieben, dazu bedarf es nur menschlicher Liebe, doch seine Feinde kann man nur mit göttlicher Liebe lieben." Welch ein folgenreicher Gedanke, denn genau dieser Beistand ist es ja, den wir erbitten in unserer Sehnsucht nach Frieden. Und diese Sehnsucht ist nicht naiv. Darin äußert sich Gottes Wirken in der Welt.
Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

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  • Edda Bosse

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